Freizeitrecht-Newsletter Nr. 3, 03/2003

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 3, 03/2003

1. Was ist eigentlich Freizeitrecht?
2. Neue Rechtsprechung im Kulturfreizeitrecht: Eintrittsgeld retour?
3. Neue Rechtsprechung im Sportfreizeitrecht: Radweg und Tierhalterhaftung
4. Wie kommt man zu Gemeindeverordnungen?


WAS IST EIGENTLICH FREIZEITRECHT?

Immer wieder werde ich gefragt, was denn Freizeitrecht eigentlich ist. Die wenigsten Menschen können sich darunter etwas Konkretes vorstellen. Kein Wunder, denn der Begriff ist nicht sehr gebräuchlich. Erfunden habe ich ihn nicht. Er stammt – soweit ersichtlich – vom deutschen Juristen Harald Bartl, Professor für „Touristikrecht“ an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz, der 1991 ein Buch mit dem Titel „Reise- und Freizeitrecht“ schrieb. Ich habe den Begriff im Jahr 1993 in Österreich eingebracht. Seit dieser Zeit kann man sich mit freizeitrechtlichen Fragen an mich wenden.....also mit was jetzt? Kurz gesagt, umfasst Freizeitrecht alle Rechtsprobleme, die im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen stehen. Dies sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nutzerseite. Als gelernter Rechtswissenschafter würde ich Ihnen jetzt gerne eine Definition geben („Freizeitrecht ist die Summe aller Rechtsnormen, die...“), aber mir fällt etwas Besseres ein: Sie schauen einfach auf der Web-Seite www.freizeitrecht.at unter „Schwerpunkte“ nach und finden dort eine Fülle an greifbaren Themen. Wenn Sie dann noch Fragen haben: mailto: wolfgang.stock@gmx.at

NEUE RECHTSPRECHUNG IM KULTURFREIZEITRECHT: EINTRITTSGELD RETOUR?

Bisher haben sich Lehre und Rechtsprechung in Österreich noch nicht mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen inhaltliche Änderungen einer Aufführung dazu führen können, dass der Besucher das Eintrittsgeld zurückfordern kann. Mit einem richtungweisenden Urteil wurde nun in Salzburg der so genannte "Fledermaus-Prozess" rechtskräftig abgeschlossen, bei dem ein Festspielgast das Geld für die Eintrittskarten der Fledermaus-Premiere im August 2001 zurückgefordert hatte. Werde dem Besucher Kunst gegen Entgelt geboten, "so gelten auch für den Veranstalter die das Vertragsverhältnis regelnden bürgerlich rechtlichen Normen." Das Gericht stellt dann aber noch klar, dass kein übertriebener Maßstab angelegt werden dürfe, "um die Freiheit der Kunst nicht durch drohende vertragliche Regressansprüche zu weit einzuschränken".
Mit der heftig umstrittenen und viel diskutierten Fledermaus-Inszenierung von Hans Neuenfels hatte Gerard Mortier im August 2001 seine Ära als Intendant der Salzburger Festspiele mit einem echten "Aufreger" beendet. Der Arzt aus einer Salzburger Umlandgemeinde hatte die Festspiele daraufhin geklagt und den Eintritt in der Höhe von 7.150 Schilling (520 Euro) zurückgefordert. Die Neuenfels-Inszenierung hätte mit der Strauß-Operette nichts mehr zu tun gehabt, "ich hatte das Gefühl, ich war in einem anderen Stück", schilderte der Mediziner bei der Verhandlung im September 2002. Unter Berufung auf die künstlerische Freiheit wurde die Klage aber in erster Instanz abgewiesen. Auch das Berufungsgericht schloss sich der Ablehnung jetzt an, weil es zur Auffassung gelangt ist, dass die Grenzen, die das Urteil der Freiheit der Kunst mit Hinweis auf den Grundsatz der Vertragstreue setzt, durch Neuenfels nicht überschritten worden seien. Das Urteil wurde ohne Berufungsverhandlung gefällt. Es ist mit 10. März 2003 datiert.
Fazit: Künstlerische Veranstaltungen haben eine gewisse „Narrenfreiheit“. Dies gilt aber nicht für andere Veranstaltungen, weder für Darbietungen und schon gar nicht für Dienstleistungen. Da muss das drinnen sein, was draußen angeschrieben ist. Ein Beispiel aus dem Bildungsbereich: Ausgeschrieben ist ein spezieller Wirbelsäulengymnastikkurs, tatsächlich findet bloß eine allgemeine Gymnastikstunde statt. Hier liegt eine zivilrechtlich sanktionierbare Minderleistung vor.


NEUE RECHTSPRECHUNG IM SPORTFREIZEITRECHT: RADWEG UND TIERHALTERHAFTUNG

Auf einem Überland-Radweg zwischen einer bewachsenen Böschung und einer Wiese, auf der Hühner gehalten werden, fuhr eine Radfahrerin mit einer Geschwindigkeit von cirka 15 - 17 km/h. Die Sicht war der Frau durch die Sonne bzw. den Schatten ihres Ehemannes, der vor ihr fuhr, stark beeinträchtigt. Die Radfahrerin achtete auf die Hühner auf der Wiese rechts von ihr, als plötzlich ein dunkelfarbiges Huhn von der Böschung kommend auf den Radweg lief - und zwar genau gegen das Vorderrad der Radfahrerin. Im Prozess um die Schadenersatz-Forderung der Radfahrerin urteilte das Berufungsgericht schließlich, dass der Hühnerhalter zu zwei Drittel Schuld an dem Unfall wäre, weil er seine Hühner nicht ordnungsgemäß verwahrt hatte. Die Radfahrerin traf ein Drittel Mitverschulden, weil sie trotz Erkennens der Gefahr und trotz der Sichtbehinderung durch die Sonne ihre Fahrgeschwindigkeit nicht entsprechend vermindert habe.

Der OGH nahm diesen Fall zum Anlass, von seiner bisherigen generellen Ansicht, es könne einem Landwirt im Allgemeinen nicht zugemutet werden, seine Hühner dauernd in umzäunten Höfen zu halten, um zu verhindern, dass sie auf die Straße gelangen, abzugehen (2 Ob 278/02z). Selbst im ländlichen Bereich kann von einer Verwahrung der Hühner nur dann abgesehen werden, wenn die Verkehrsfrequenz, egal ob mit Rädern oder mit Kraftfahrzeugen, sehr gering ist, so der OGH. Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung, dass nämlich der Kraftfahrer mit der Anwesenheit von Federvieh nur auf wenig frequentierten Straßen zu rechnen habe. Da aber im konkreten Fall die Verkehrsfrequenz am Radweg noch nicht ausreichend festgestellt worden war, muss sich das Erstgericht nochmals mit dieser Frage beschäftigen. An der Verschuldensaufteilung an sich hatte der OGH nichts zu kritisieren.


WIE KOMMT MAN ZU GEMEINDEVERORDNUNGEN?

Badeverbot, Hundehaltung, Lärmregelung...in Gemeindeverordnungen sind in vielfacher Hinsicht freizeitrechtliche Inhalte geregelt. Wie kommt man aber zu dieser Information? Wenn man einen konkreten Ort im Auge hat, ist es nicht schwer, mit der betreffenden Gemeinde Kontakt aufzunehmen. Was aber, wenn man sich für ein größeres Gebiet interessiert? Dafür gibt es seit kurzer Zeit eine neue Applikation des Rechtsinformationssystems (RIS) des Bundeskanzleramtes (www.ris.bka.gv.at/gemeinderecht). Sie beinhaltet Rechtsnormen, die von österreichischen Gemeinden erlassen werden. Derzeit sind ausgewählte Verordnungen von Kärntner Gemeinden abfragbar. Die Aufnahme der Rechtsvorschriften von Gemeinden anderer Bundesländer ist vorgesehen.

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