Freizeitrecht-Newsletter Nr. 30, 12/2010

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 30, 12/2010

1. Schirecht – OGH zur Sicherheit einer permanenten Rennstrecke
2. Tourismusrecht – Jahrbuch 2011
3. Netzwerk Freizeitorganisation
4. Entwurf des Teilzeitnutzungsgesetzes 2011
5. Was uns 2011 sonst noch beschäftigen könnte


SCHIRECHT – OGH ZUR SICHERHEIT EINER PERMANENTEN RENNSTRECKE

„Werde ich heute schneller sein als gestern? Muss ich hier weniger aufpassen als auf der allgemeinen Piste?“ Solche Fragen werden auch in diesem Schiwinter gestellt werden. Die erste Frage ist schwer zu beantworten. Zur zweiten Frage hat der OGH etwas zu sagen: In der Entscheidung 1 Ob 19/10s vom 20. April 2010 hatte sich der OGH mit einem Unfall auf einer von der übrigen Piste abgegrenzten Geschwindigkeitsmessstrecke zu befassen: Am Start befindet sich ein Münzeinwurf; nach Einwurf von einem Euro muss gewartet werden, bis die Strecke dadurch freigegeben wird, dass die Uhr auf Null springt. Dann kann der Startschranken passiert und im Ziel die Zeit des jeweiligen Schifahrers angezeigt werden.
Der OGH entschied: Ein durchschnittlicher Benützer einer solchen Rennstrecke wird ohne weiteres annehmen, dass der Betreiber ausreichende Maßnahmen getroffen hat, um Gefahren hintanzuhalten. Sofern er sich überhaupt konkrete Gedanken über allfällige Gefahrenquellen und mögliche Sicherungsmaßnahmen machen sollte, darf er durchaus annehmen, auf einer solchen Rennstrecke würden besonders gut verankerte und widerstandsfähige Torstangen verwendet oder die Rennstrecke werde – zumal bei größerem Publikumsandrang – durchgehend überwacht, wobei sofort nach Auftreten eines Hindernisses für den nächsten Starter etwa eine Sperre des elektronischen Auslösemechanismus vorgenommen würde. Befindet sich dennoch eine Torstange in der bei rennmäßiger Fahrweise einzuhaltenden Fahrlinie, liegt eine atypische Gefahrenquelle vor, mit der der Benützer nicht rechnen muss, und die vom Rennstreckenbetreiber unschädlich zu machen ist. Die bloß gelegentliche Fernbeobachtung der Strecke samt 5 bis 6 Kontrollfahrten pro Tag stellt unter den festgestellten Umständen keine ausreichende Überwachung dar.

Offen ist noch – wenngleich bei einem wesentlich geringeren Gefahrenpotenzial – die Frage nach den speziellen Sicherheitsvorkehrungen auf einer permanenten Langlauf-Geschwindigkeitsteststrecke.
Beispiel: www.lechtal.at/de/lechtal-aktuell/113768/tirol-urlaub.html


TOURISMUSRECHT – Jahrbuch 2011

Wie bereits 2009 und 2010 wird auch 2011 im Neuen Wissenschaftlichen Verlag (www.nwv.at) das Tourismusrecht-Jahrbuch erscheinen. Die geplanten Autoren und Themen sind:
Dr. Dobrovodsky: Aktuelle Fragestellungen des slowakischen Reiserechts;
Dr. Borut Holcman: Aktuelle Fragestellungen des slowenischen Reiserechts;
Dr. Matthias Köhler: Aktuelle Entwicklungen im öffentlichen Tourismusrecht;
Ing. Mag. Gernot Liska: Aktuelle Probleme aus Sicht der Standesvertretung (Vulkanausbruch, Wirtschaftskrise, Schweinegrippe);
Dr. Gerhard Saria: Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen für den Vertrieb von Reiseleistungen;
HR Dr. Alexander Schmidt: Neueste reiserechtliche Judikatur des Handelsgerichtes Wien;
Mag. Seitweger: (Umsatz)steuerrechtliche Fragestellungen;
Dr. Wolfgang Stock: Freizeitrechtliche Aspekte aktueller touristischer Projekte in Österreich;
Dr. Michael Wukoschitz: Unionsrechtliche und internationale Entwicklungen im Reiserecht.

Das Jahrbuch wird von Gerhard Saria (Forschungsverantwortlicher des Fachbereichs Recht an der FH Wr. Neustadt) herausgegeben und ca. EUR 35,-- kosten. (Vor-)Bestellungen sind schon möglich: office@amedia.co.at


NETZWERK FREIZEITORGANISATION

Immer wieder werde ich auch neben meiner rechtlichen Expertise um einen Tipp zu anderen Fachbereichen gefragt. Aus diesem Grund möchte ich dieses Netzwerk gerne zur Verfügung stellen. Es ist beabsichtigt, im Freizeitrecht-Newsletter in loser Reihenfolge Kooperationspartner vorzustellen.

Heute ist das Institut für Freizeit- und Tourismusforschung an der Reihe: Es steht unter der wissenschaftlichen Leitung von Peter Zellmann und arbeitet in enger Kooperation mit der BAT Stiftung für Zukunftsfragen, Hamburg (Horst Opaschowski).
Kontakt:
Schönbrunnerstr. 222-228
Stiege 1 / 1. Stock
1120 Wien
Tel. 01-8139313
Fax: 01- 8139300
E-Mail: peter.zellmann@freizeitforschung.at
www.freizeitforschung.at

Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen das Verhalten, die Wünsche bzw. Bedürfnisse der Menschen in Arbeit und Freizeit bzw. Urlaub. Zur erweiterten Aufgabenstellung gehört auch die Qualifizierung sowie Klärung des Berufsbildes der in Freizeit und Tourismus beschäftigten Personen. Gerade hier ergibt sich ein wichtiges Komplementärfeld zu den rechtlichen Fragen von Berufsbildern (Beispiele aus meinem Tätigkeitsbereich: Natur- und Landschaftsführer, Mountainbike-Guide usw.). Weitere wichtige Schwerpunkte des IFT stellen die Bereiche Lebensstilforschung, Sport, Fitness, Wellness und Wohnen dar. In all diesen Bereichen stellt die sozialwissenschaftliche Analyse geradezu die Basis für die rechtswissenschaftliche Arbeit dar.


ENTWURF DES TEILZEITNUTZUNGSGESETZES 2011

Die Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (kurz: Timesharing-Richtlinie), die die „alte“ Timesharing-Richtlinie (Richtlinie 94/47/EG zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien) ersetzt, ist bis 23. Februar 2011 in das österreichische Recht umzusetzen. Durch die Richtlinie soll der Schutz der Verbraucher beim Abschluss von Teilzeitnutzungsverträgen verbessert und an die Entwicklungen der letzten Jahre angepasst werden. Insbesondere wurde der Anwendungsbereich in mehrfacher Hinsicht erweitert. So werden nun auch Nutzungsvergünstigungsverträge (relevant für "Reise-Rabatt-Clubs"), sowie mit Teilzeitnutzung- oder Nutzungsvergünstigungsverträgen in Zusammenhang stehende Verträge geregelt. Umfasst sind nun schon Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr (bisher betrug die Mindestdauer drei Jahre); zudem können nun auch bewegliche Sachen (z.B. Wohnmobile, Hausboote) Nutzungsobjekte sein.

Die Richtlinie soll in einem neuen Teilzeitnutzungsgesetz 2011 (TNG 2011) umgesetzt werden, das das bisherige Teilzeitnutzungsgesetz ersetzt. Abgesehen von Immobilien sollen also künftig auch bewegliche Sachen erfasst sein, die als "Übernachtungsunterkünfte" dienen können, also etwa Wohnmobile und Wohnwägen, Hausboote oder Raumeinheiten auf Kreuzfahrt- und sonstigen Schiffen. Auch der Richtlinienzeitraum von mehr als einem Jahr soll übernommen werden. Die umfassenden vorvertraglichen Informationspflichten der Unternehmer und das Widerrufsrecht der Verbraucher sollen unverändert bleiben.

Ende der Begutachtungsfrist war der 3. Dezember 2010. Geplantes Inkrafttreten: voraussichtlich 1. Februar 2011.


WAS UNS 2011 SONST NOCH BESCHÄFTIGEN KÖNNTE

Neben der Verwirklichung höchstpersönlicher Jahresvorsätze (Typus: „Mehr essen, weniger zunehmen!“) könnte uns 2011 Folgendes beschäftigen – im Bereich des Freizeitrechts:
- Alle Sport- und Unterhaltungsveranstalter: Nach dem tragischen Unfall bei „Wetten, dass…“ wird es 2011 wohl eine verstärkte Diskussion über die Veranstaltersorgfalt geben, die mit den Fachbegriffen vertragsrechtliche Fürsorgepflicht versus Handeln auf eigene Gefahr zu beschreiben ist.
- Alle „neuen“ Freizeitberufe: Berufsbildklärungen werden zunehmend sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite als notwendig erachtet werden. Das betrifft auch (und vielleicht sogar vor allem) die Ausbildungseinrichtungen! Derzeit behilft man sich im Gewerbebereich häufig mit Formulierungen wie „alle gesetzlich erlaubten Tätigkeiten“; „XY unter Ausschluss jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit“; „XY unter Ausschluss jeder Tätigkeit, die einem reglementierten Gewerbe vorbehalten ist“ usw. – ohne sich jedoch die Mühe zu machen, zu klären, was denn nun die erlaubten Tätigkeiten sind.
- Im Bereich des allgemeinen Zivilrechts:
- Alle Unternehmer: Unerwünschte Telefonwerbung ("Cold Calling") wird konsumentenrechtlich härter angefasst. Unternehmer sollen verpflichtet werden, einen telefonisch ausgehandelten Vertrag innerhalb einer Woche ab Anruf schriftlich besonders zu bestätigen. Zudem soll Verbrauchern bei Verträgen, die während eines unerwünschten Telefonanrufs geschlossen worden sind, ein spezielles Rücktrittrecht eingeräumt werden, welches über das bereits bestehende Fernabsatz-Rücktrittsrecht hinausreicht. Nach dem Beschluss im Ministerrat am 23. November 2010 wurde eine Regierungsvorlage zur Änderung des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) im Nationalrat eingebracht (Konsumentenschutzrechts-Änderungsgesetz 2011 – KSchRÄG 2011).

Die (juristische) Welt bleibt also auch 2011 kompliziert.
Ich wünsche daher ein besinnliches und einfaches Weihnachtsfest und einen guten Übergang in ein spannendes neues Jahr.

Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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