Freizeitrecht-Newsletter Nr. 39, 02/2013

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 39, 02/2013

1. Seilbahnrecht
2. Freizeit-Konsumentenrechte 
3. Neue Literatur im Tourismusbereich
4. OGH zur Beschilderung von Forststraßen
5. Freizeitveranstalter: Vorsicht vor der Verwendung von Fotos mit Kunden!


SEILBAHNRECHT

Seilbahnen zählen zu den bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren im österreichischen Tourismus. Lange Zeit wurde diesem Umstand in der rechtswissenschaftlichen Literatur kaum Rechnung getragen. Die Zeiten haben sich geändert. Nun liegen bereits drei umfassende Werke zum Seilbahnrecht vor:
- Christoph Haidlen, Das österreichische Seilbahnrecht, Handbuch für die Praxis, Linde Verlag, 656 Seiten, 2. Auflage (2010)
- Reinhart Kuntner / Leopold Flasch, Seilbahnrecht, SeilbG, UUG, VAIG und Verordnungen (SchleppVO, SeilbÜV, VWaSeilb, VgBSeil, AVO Verkehr, Melde-VO Seilb), ÖGB Verlag, 420 Seiten (2011)
- Stefanie Schnorr, Österreichisches Seilbahnrecht, Verlag Österreich, 173 Seiten (2013)
Der Schwerpunkt liegt bei den Werken von Haidlen und Schnorr bei den Seilbahnunternehmen, bei Kuntner/Flasch ist es der Arbeitnehmerschutz.

Wer sich für Rechtsfragen in Verbindung mit der technischen Seite des Seilbahnwesens interessiert, ist bei der Jahrestagung „Seilbahnen. Technik & Recht“ gut aufgehoben. Termin: 10.- 11. Oktober 2013, ARS Seminarzentrum, Schallautzerstraße 2-4, 1010 Wien; Gebühr 550,– (pro Tag) bzw. 980,– (beide Tage). Anmeldung: www.ars.at

Wer sich für die rechtlichen Rahmenbedingungen, die von der österreichischen Seilbahnwirtschaft zu beachten sind, interessiert (inklusive neuester Judikatur zum Seilbahnanlagenrecht), sei auf www.seilbahnrecht.at verwiesen, wo RA Dr. Christoph Haidlen umfassend informiert. 

Was aus meiner Sicht derzeit noch ausständig ist, wäre eine kurze und übersichtliche Darstellung der „Fahrgastrechte“ im Seilbahn- und Schleppliftbereich, also ein Fokus auf dem Konsumentenschutz. Ich habe bereits Vorarbeiten zu diesem Thema getätigt, suche aber noch einen Projektpartner für so eine „Konsumentenfibel“. Bei Interesse bitte eine Nachricht an wolfgang.stock@gmx.at; ich bin, was die Umsetzung betrifft, für vieles offen.
(Einen ersten Schritt in die Richtung habe ich bei der Behandlung des Themas „Rechtliche Handlungspflichten im Zusammenhang mit Alpinunfällen“ , Jahrbuch „Sicherheit im Bergland 12“ (2012), 12 ff., gesetzt, wo ich die Unfallmeldepflichten der Seilbahnunternehmen beschrieben habe.) Das Jahrbuch kann direkt beim Kuratorium für Alpine Sicherheit bestellt werden: 
http://www.alpinesicherheit.at/index.php?menuid=2536



FREIZEIT-KONSUMENTENRECHTE

Das bringt mich auf ein viel weiteres Thema: Konsumentenrechte im Freizeitbereich. Während im Reiserecht (EU-Pauschalreise-Richtlinie samt Umsetzung in den nationalen Rechtsordnungen) bereits seit vielen Jahren eine Verdichtung im rechtlichen Bereich stattgefunden hat, steht dies in anderen freizeitrelevanten Lebensbereichen noch aus. Zwar ist im Verkehrsbereich, der natürlich weit über den Freizeit- und Tourismusverkehr hinausreicht, auf EU-Ebene in den letzten Jahren viel geschehen: Rechte für Flug-, Eisenbahn- und Schiffsreisende wurden durch EU-Verordnungen festgelegt. 

Ab dem 1. März 2013 gibt es nun auch mehr Rechte für Linienbusreisende (EU-Verordnung für Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr): Für Fernstrecken ab 250 Kilometer sieht die Verordnung unter anderem eine angemessene Unterstützung – Imbisse, Erfrischungen bis hin zur Erstattung von Übernachtungskosten – vor, falls Reisen annulliert werden oder sich Reisen von mehr als drei Stunden um über 90 Minuten verspäten. Darüber hinaus garantiert die Verordnung die Erstattung des Fahrpreises oder die Umbuchung bei Überbuchung, Annullierung oder Verspätungen von mehr als 120 Minuten. Zusätzlich haben Busreisende durch die neue Verordnung Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises bei Verspätungen von mehr als 120 Minuten. 

Ohne die europarechtliche Dimension, die es wie angeführt bei Pauschalreisen und grenzüberschreitendem Linienverkehr gibt, steht die Betrachtung der Konsumentenrechte im übrigen Freizeitbereich aber eher im Schatten. Ins Auge zu fassen wären aus meiner Sicht beispielsweise folgende Lebenssachverhalte:
- Zuschauen bei Veranstaltungen (zivilrechtliche Sicht)
- „Freizeitschüler“ (Schischulen, Bergsteigerschulen, Sportschulen)
- Taxifahrten (Verwaltungs- und Vertragsrecht)
- Schilanglauf (Rechte beim Pistenschilauf sind hingegen gut dokumentiert) 
- Hotelaufenthalte (außerhalb von Pauschalreisen)
- Kur- und Wellnessaufenthalte
Dabei sollte immer im Blick bleiben: Nutzerrechte sind auch ein wichtiger Beitrag zur Qualitätssicherung für Unternehmen und Veranstalter! (Das hat man in einem anderen Bereich – bei den Patientenrechten – schon lange erkannt.) In diesem Sinn habe ich im Vorjahr das Buch „Rechte und Pflichten in der Gastronomie“ (www.verlagoesterreich.at) geschrieben. Ein bisher in Österreich noch nie gesondert behandeltes Thema!


NEUE LITERATUR IM TOURISMUSBEREICH

- Das „Klassiker“-Handbuch zu allen Fragen des Tourismus ist im Jänner 2013 in der vierten Auflage erschienen: Jörn Mundt, Tourismus, 4. überarb. Auflage, 656 Seiten, 39,80 Euro, Oldenbourg 2013.
- Ein eigentlich „selbstverständliches“ Recht, nämlich einen erworbenen Rechtsanspruch jemandem anderen übertragen zu können, stößt in der touristischen Praxis immer wieder auf Probleme. Umso bedeutsamer ist daher diese Neuerscheinung: Stephan Keiler, Das Recht auf Übertragung eines Pauschalreisevertrages, 244 Seiten, 69,00 EUR, Verlag Österreich, Wien 2013. Der Autor analysiert in dieser Monografie erstmals ausführlich die Dogmatik und die Voraussetzungen des Übertragungsrechts, wie Hinderung, Frist und Verständigung des Reiseveranstalters inklusive der Probleme bei entgegenstehenden Flug-Beförderungsbedingungen.


OGH ZUR BESCHILDERUNG VON FORSTSTRASSEN

In der Entscheidung vom 28.11.2012, 4 Ob 200/12h, ging es um einen Mountainbike-Unfall auf einer Forststraße. In diesem Zusammenhang befasste sich der OGH wieder einmal mit der Erkennbarkeit von Forststraßen. Er führte aus, es sei Aufgabe des Waldbesitzers, durch entsprechende Beschilderung Forststraßen von sonstigen öffentlichen Wegen eindeutig abzugrenzen (2 Ob 23/94 mit weiteren Nachweisen). Dies gelte aber nur für die Verbindungen der Forststraßen mit öffentlichen Wegen und nicht für das sonstige Umgebungsgelände. Denn sonst müssten Forststraßen entweder zur Gänze eingezäunt oder abgeschrankt oder mit in kurzen Abständen aufzustellenden (zahllosen) Schildern „abgesichert“ werden, was nicht verlangt werden kann.

Hier die OGH-Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20121128_OGH0002_0040OB00200_12H0000_000/JJT_20121128_OGH0002_0040OB00200_12H0000_000.html


FREIZEITVERANSTALTER: VORSICHT VOR DER VERWENDUNG VON FOTOS MIT KUNDEN!

Eine scheinbar harmlose Angelegenheit: Auf einer von einem Reisebüro organisierten Schottlandreise wurde in der Schmiede von Gretna Green, einem berühmten Hochzeitsort, von der Reisegruppe eine Hochzeitsgesellschaft nachgestellt und vom Busfahrer fotografiert. Dieses Foto wurde vom Reisebüro in seinem Katalog und auf der Webseite für Werbezwecke verwendet – ohne Zustimmung des fotografierten „Brautpaares“. Die Folge: Unterlassungsklage. Dazu der OGH (28.11.2012, 4 Ob 192/12g): Die Entscheidung der Vorinstanzen ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt, wonach die Verwendung des Bildnisses einer Person zu Werbezwecken einen Unterlassungsanspruch nach § 78 UrhG begründet, wenn der Abgebildete dadurch dem Verdacht ausgesetzt wird, er habe sein Bildnis entgeltlich für Werbezwecke zur Verfügung gestellt.

Dazu noch zwei Tipps:
1) Gute Chancen im Prozess hat man als Freizeitveranstalter nur mit dem Nachweis einer – zumindest konkludenten – Einwilligung der fotografierten Person.
2) Günstig ist allgemein, wenn man Umstände beweisen kann, die eine Wiederholung der Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen. (Das Bestreiten der Unterlassungspflicht wird übrigens als Indiz für das Weiterbestehen der Wiederholungsgefahr gewertet.)

Aus all dem ist zu schließen, wie wichtig die Rechtskenntnis für Unternehmer wie für Konsumenten, für Grundstückseigentümer wie für Freizeitnutzer ist. Denn die Kenntnis der Rechtslage kann Streit, Zwist und Prozesse vermeiden helfen und wirkt so mittelbar konfliktvermindernd. Dass ich mit dem Büro für Freizeitrecht dazu beitragen kann freut mich durchaus.

In diesem Sinn
mit lieben Grüßen

Wolfgang Stock

Kommentare