Freizeitrecht-Newsletter Nr. 41, 07/2013

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 41, 07/2013

1. Artikel über Zelten – Biwakieren – Lagern
2. Wann haften Kinder? Am Beispiel eines Auffahrunfalls auf einer Sommerrodelbahn
3. Aktuelle Rechtstipps fürs Rad Fahren
4. Neue Rechte für Eisenbahnfahrgäste seit 1. Juli 2013
5. UVS Tirol: Wegeservituten und Betriebsanlagen
6. Freizeitrecht in Skandinavien
 
 
Artikel über Zelten – Biwakieren – Lagern
 
In der Sommer-Ausgabe 2013 der ZVR (Zeitschrift für Verkehrsrecht) wird ein Artikel von mir über „Zelten – Biwakieren – Lagern. Rechtsbegriffe in Naturschutz und Schutzgebietstourismus“ veröffentlicht werden. Zahlreiche Rechtsvorschriften – insbesondere das Forstgesetz sowie die Nationalpark- und Naturschutzgesetze und Schutzgebietsverordnungen – verbieten das Schlafen in der freien Natur. Dabei erschweren nicht nur landes- und gebietsweise stark unterschiedliche Normen, sondern vor allem auch terminologische Unklarheiten den Überblick, was beim Übernachten in Wäldern und Bergen erlaubt und was verboten ist. Den Artikel wird es im nächsten Freizeitrecht-Newsletter im Herbst zum Gratis-Download geben. Für Eilige empfiehlt sich während des Sommers einmal ein schneller Blick auf meine Publikationsseite:
www.freizeitrecht.at/publikationen


Wann haften Kinder? Am Beispiel eines Auffahrunfalls auf einer Sommerrodelbahn
 
Eine Vielzahl an Kinder- und Jugendsommercamps wird es heuer wieder geben – und damit verbunden eine Fülle an Rechtsthemen. Der OGH  trägt mit einer aktuellen Entscheidung dazu bei:
 
In der Entscheidung vom 24. April 2013 (9 Ob 49/12i) ging es um einen Unfall auf einer Sommerrodelbahn. Dort hatte sich im Zielbereich ein Rückstau gebildet. Ein Achtjähriger bremste nicht ausreichend und fuhr deshalb der vor ihm fahrenden Rodlerin auf. Diese wurde schwer verletzt. Die Rodlerin klagte in einem Vorprozess die Rodelbahnbetreiberin und die Eltern des Achtjährigen auf Schadenersatz. Die Rodelbahnbetreiberin wurde verpflichtet, der Rodlerin rund  23.000 EUR zu zahlen, weil sie einen Bediensteten abstellen hätte müssen, der im Bereich des Zielhäuschens die Strecke und die Zieleinfahrt beobachtet und darauf hinwirkt, dass alle Benützer ohne Rückstau oder Auffahrunfälle im Zielhäuschen auf das Bremsförderband fahren. Den Eltern gegenüber wurde die Klage abgewiesen, weil ihnen keine Verletzung von Aufsichtspflichten vorzuwerfen war. Die Haftpflichtversicherung der Rodelbahnbetreiberin bezahlte der Rodlerin den Schaden. Im nun zu entscheidenden Folgeprozess verlangte die Haftpflichtversicherung der Rodelbahnbetreiberin vom Achtjährigen zwei Drittel des von ihr geleisteten Betrages wegen Mitverschuldens zurück, weil auch für ihn eine Haftpflichtversicherung bestehe und ein Regress daher billig sei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht minderte die Ersatzpflicht des Beklagten auf ein Drittel der Versicherungsleistung.
 
Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit der Rechtsfrage zu beschäftigen, ob eine Billigkeitshaftung des Achtjährigen überhaupt in Frage kommt, wenn ein Geschädigter (hier die Rodlerin) den gesamten Schaden ohnehin von dritter Seite (hier der Haftpflichtversicherung der Rodelbahnbetreiberin) ersetzt bekommt, oder ob eine solche Haftung nur dann besteht, wenn der Geschädigte sonst leer ausginge. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass deliktsunfähige Schädiger grundsätzlich keine Haftung trifft. Nach dem Gesetz ist ein Ersatzanspruch ausnahmsweise aber auch dann möglich, wenn er mit Rücksicht auf das Vermögen des Schädigers - wie zB einer Versicherungssumme - und das Vermögen des Geschädigten billig erscheint. Für den vorliegenden Fall bedeutete das, dass der Achtjährige neben der Versicherung der Rodelbahnbetreiberin zu haften hatte. Sein Mitverschulden von einem Drittel wurde bestätigt.
 
Hier die Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20130424_OGH0002_0090OB00049_12I0000_000/JJT_20130424_OGH0002_0090OB00049_12I0000_000.html
 
 
Aktuelle Rechtstipps fürs Rad Fahren
 
Bekannt ist, dass seit 1. April 2013 ein Handyverbot beim Radeln gilt.
 
Hier zur Erinnerung alle Verbote des § 68 Abs 3 StVO:
Es ist verboten,
a) auf einem Fahrrad freihändig zu fahren oder die Füße während der Fahrt von den Treteinrichtungen zu entfernen,
b) sich mit einem Fahrrad an ein anderes Fahrzeug anzuhängen, um sich ziehen zu lassen,
c) Fahrräder in einer nicht verkehrsgemäßen Art zu gebrauchen, zum Beispiel Karussellfahren, Wettfahren und dgl.,
d) beim Radfahren andere Fahrzeuge oder Kleinfahrzeuge mitzuführen,
e) während des Radfahrens ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung zu telefonieren; hinsichtlich der Anforderungen für Freisprecheinrichtungen gilt § 102 Abs. 3 KFG 1967.
 
Dazu noch ein Rechtssatz des OGH (RS 0128307; 07.08.2012, 2 Ob 108/12i):
Von einem Radfahrer muss verlangt werden, dass er die vor ihm liegende Fahrbahn soweit beobachtet, dass er seine Fahrt ohne Sturz absolvieren kann. Dazu gehört auch die Aufmerksamkeit auf allfällige Hindernisse auf der Fahrbahn wie Schlaglöcher, Rollsplitt usw.
 
 
Neue Rechte für Eisenbahnfahrgäste seit 1. Juli 2013

Das österreichische Eisenbahnbeförderungsrecht wurde in einem gesamthaften Gesetzesvorhaben umfassend reformiert. Das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird, wurde am 25. Februar 2013 im Bundesgesetzblatt I Nr. 40/2013 veröffentlicht.
 
Neu ist etwa:
• Verpflichtung zur Mahnung bei offenen Forderungen: Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber und Verkehrsverbünde sind künftig verpflichtet, zumindest einmal zu mahnen und rechtzeitige sowie begründete Einsprüche inhaltlich zu beantworten.
• Einrichtung eines Fahrgastbeirates: Beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie wird ein Fahrgastbeirat eingerichtet, welcher der Bundesministerin/dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur sachverständigen Beratung in Fragen der Fahrgastrechte im Schienenverkehr dient.
• Erweiterte Vorlagepflicht gegenüber der Schienen-Control GmbH: Künftig müssen Eisenbahnunternehmen die Beförderungsbedingungen, einschließlich der Entschädigungsbedingungen, für die Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen im Personenverkehr auf Hauptbahnen und vernetzten Nebenbahnen der Schienen-Control GmbH bekannt geben.
 
Hier der Volltext der Novelle:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2013_I_40/BGBLA_2013_I_40.pdf
 
 
UVS Tirol: Wegeservituten und Betriebsanlagen
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) in Tirol hat am 6. Juni 2013 (2013/K6/1393-1) einen Bescheid der Umweltabteilung aufgehoben. Mit diesem Bescheid war die abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung einer Bodenaushubdeponie versagt worden, weil auf der Wiese eine Dienstbarkeit der Duldung der Ausübung des Wintersports zugunsten der Stadt Innsbruck besteht. Der UVS begründete seine Aufhebung damit, dass die Verwaltungsbehörden sich auf die öffentlich-rechtliche Beurteilung eines Projektes anhand der jeweils materienspezifischen Schutzinteressen zu beschränken haben – auch wenn durch die Inbetriebnahme einer Anlage die Ausübung einer Dienstbarkeit unmöglich gemacht wird. Jede andere Sichtweise würde in der Verwaltungspraxis dazu führen, dass gerade bei Dienstbarkeiten (hier ist vor allem an Wegeservituten zu denken), die häufig durch die bloße Existenz eines Bauwerkes untergehen, stets die Verwaltungsbehörde komplexe Fragen des Bestandes, des Umfanges und der tatsächlichen Beeinträchtigung von Dienstbarkeiten zu lösen hätte, die primär jedoch von den mit den entsprechenden verfahrensrechtlichen Voraussetzungen ausgestatteten Zivilgerichten zu lösen wären.
 
Hier die Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Uvs/JUT_TI_20130606_K6139301_13_00/JUT_TI_20130606_K6139301_13_00.html
 
Mein Tipp für alle (Wege-)Servitutsberechtigten: Es gibt keinen verwaltungsrechtlichen Schutz gegen die Verbauung von Wegeservituten! Somit bleibt nur: auf der Hut sein und notfalls das Wegerecht zivilrechtlich einklagen. (Allenfalls rechtzeitig an den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung denken!)  
 
 
Freizeitrecht in Skandinavien
 
Wer a) einen Sommerurlaub in Skandinavien plant und/oder b) sich für die Rechtsansprüche von Naturnutzern in anderen Ländern interessiert, wird in der deutschen Zeitschrift „Natur und Recht“ dazu eine interessante Lektüre finden:
Reusch/Jäggi, Das Recht auf Erholung in der Natur in Skandinavien, NuR (2012), 830 ff.
Bestellungmöglichkeit:
https://www.baufachinformation.de/zeitschrift/Das-Recht-auf-Erholung-in-der-Natur-in-Skandinavien/2013019008059
 
 
Einen schönen Sommer mit Erholung aller Art wünsche ich!
 
Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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