Freizeitrecht-Newsletter Nr. 42, 09/2013


Freizeitrecht-Newsletter Nr. 42, 09/2013

1. Artikel über Zelten – Biwakieren – Lagern: Begriff des Rastens
2. VwGH: Campingplatzstraße als Straße mit öffentlichem Verkehr
3. OGH: Keine Haftung für bloße Wegweisungsbeschilderung
4. OGH: Geburtstagsparty in einem Heustadl
5. Schweiz: Wegehaftung in Schutzgebieten und neue Gesetzesinitiative
6. Neue Literatur: Recht für Radfahrer
7. Tourismusrecht in Kroatien
8. Ideen und Vorhaben


Artikel über Zelten – Biwakieren – Lagern: Begriff des Rastens

In meinem Artikel über „Zelten – Biwakieren – Lagern. Rechtsbegriffe in Naturschutz und Schutzgebietstourismus“ (ZVR 07/08/2013, S. 231-234) thematisiere ich – unter Einbeziehung neuerer deutscher Literatur – den Begriff des Rastens. Forstrechtlich ist z.B. zu unterscheiden zwischen dem zustimmungspflichtigen „Lagern bei Dunkelheit“ (§ 33 Abs 3 ForstG) und den beiden Gegenteilen, „Nicht-Lagern bei Dunkelheit“ und „Lagern bei Tag(eslicht)“. Diese beiden Aufenthaltsformen fallen unter die forstrechtliche Wege- und Aufenthaltsfreiheit des § 33 Abs 1 ForstG. Da der VwGH als Definitionsmerkmal des Lagerns einen Aufenthalt von einer gewissen Dauer festgelegt hat, ist auch das kurzzeitige Rasten im Sitzen oder Liegen im Wald während einer Nachtwanderung zulässig.
Hier der Gratis-Download für den ganzen Artikel:
www.freizeitrecht.at/publikationen


VwGH: Campingplatzstraße als Straße mit öffentlichem Verkehr

In der Entscheidung des VwGH vom 24.05.2013, 2010/02/0120, ging es um die Frage, ob eine Campingplatzstraße mit der Tafel „Zufahrt nur für Campinggäste“ als eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der StVO anzusehen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH vermag die Anbringung von Hinweisschildern, nach denen die Benützung der betreffenden Verkehrsfläche "Anrainern und Lieferanten" vorbehalten ist oder nach denen auf einem umzäunten Gasthausparkplatz "Parken nur für Gäste" erlaubt sein soll, an der Qualität der Verkehrsfläche als einer Straße mit öffentlichem Verkehr nichts zu ändern. Dabei steht im Vordergrund, dass der nach dem Willen des Grundeigentümers zur Benützung der Verkehrsfläche berechtigte Personenkreis von vornherein unbestimmt ist, insbesondere weil jedermann die Möglichkeit hat, Gast zu werden. Die Einschränkung der Benützung der Wege des Campingplatzes "Zufahrt nur für Campinggäste" ist jener vergleichbar, bei denen die Zufahrt "für Anrainer und Lieferanten" oder das "Parken nur für Gäste" gestattet sein soll, weil auch hier jede Person die Möglichkeit hat, Campinggast zu werden.

Unbestritten ist auch, dass die Wege des Campingplatzes für den Fußgängerverkehr zugänglich waren und sich am Gelände des Campingplatzes eine zumindest für Fußgänger frei zugängliche Jausenstation befindet, auf die auch vor dem Campingplatzgelände mit einem entsprechenden Hinweisschild aufmerksam gemacht wird. Dies war deshalb von Belang, weil nach der Rechtsprechung für die Wertung "Straße mit öffentlichem Verkehr" lediglich das Merkmal des Fußgänger- oder Fahrzeugverkehrs entscheidend ist.

Hier die Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Vwgh/JWT_2010020120_20130524X00/JWT_2010020120_20130524X00.html


OGH: Keine Haftung für bloße Wegweisungsbeschilderung

Der OGH hat am 20. 6. 2013 (5 Ob 68/13f) entschieden, dass eine Wanderwegegemeinschaft und der Alpenverein nicht für eine herabstürzende Schneewechte auf einem Weg im freien alpinen Gelände zu einem Wasserfall haften, auch wenn auf diesen am markierten Wegenetz zuvor durch Schilder hingewiesen worden war.

Die beiden Kläger – Vater und Tochter (sowie deren Schwester) – begaben sich während ihres Urlaubs im Bereich eines Tiroler Wandergebiets zu einem Wasserfall, auf den am Wegenetz dorthin durch die beiden Beklagten (Wanderwegegemeinschaft sowie Österreichischer Alpenverein) mit Schildern „Wasserfall“ hingewiesen worden war. Allerdings konnte man diesen zuletzt nur auf einem „Trampelpfad“, der in einem Bachbett mündete, und von dort aus nach Zurücklegung weiterer 200 m Fußweg erreichen. Die spätere Unfallstelle befand sich in einer Höhe von etwa 2,20 bis 2,30 m über dem Bachbett und war diese Stelle nur durch Überwinden eines über 2 m hohen Felsaufsatzes erreichbar. Spätestens an jener Stelle, an der der „Trampelpfad“ im Bachbett endete, war auch für einen bergunerfahrenen Wanderer erkennbar, dass er sich nunmehr im freien Gelände befand, in welchem grundsätzlich keinerlei Sicherungspflichten eines Wegehalters mehr bestehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass der Zugang zum Wasserfall nicht als markierter Weg bis unmittelbar zum Wasserfall möglich war, sondern nunmehr in Eigenverantwortung im freien Gelände fortgesetzt werden musste.

Durch eine plötzlich herabstürzende Schneewechte wurde die Zweitklägerin schwer verletzt und deren Schwester getötet. Gegenstand des nachfolgenden Zivilrechtsstreits sind Schadenersatzansprüche des Vaters und des verletzten Mädchens. Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision der Kläger zurück und führte hiezu zusammenfassend aus:

Dass Wegweiser in (alpinen) Wandergebieten ein berechtigtes „Vertrauen“ dahin erwecken, dass die ausgeschilderten Ziele nicht nur über sichere Wege zu erreichen sind, sondern überdies auch die Örtlichkeiten selbst, wo sich die beschriebenen Ziele befinden, ebenfalls sicher seien und Wanderer vor Gefahren auch dort zu schützen bzw zumindest zu warnen seien, ist in dieser Allgemeinheit nicht zu teilen. Stellt das Ziel nämlich selbst einen (nicht von Menschenhand geschaffenen) Gefahrenbereich dar, so kann ein derartiges Vertrauen nicht zugrunde gelegt werden. Die Beklagten, welche die Hinweisschilder „Wasserfall“ (am Forstweg) aufstellten bzw aufrecht erhielten, haben damit keine (zusätzlichen) Sicherungspflichten dahin übernommen, Wanderer, die vom markierten Weg abweichen und sich in unwegsames, alpines Gelände begeben, vor den dort bestehenden Gefahren zu schützen.

Hier die Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20130620_OGH0002_0050OB00068_13F0000_000/JJT_20130620_OGH0002_0050OB00068_13F0000_000.html


OGH: Geburtstagsparty in einem Heustadl

In der Entscheidung des OGH vom 18. 7. 2013, 1 Ob 122/13t, ging es um die Frage der Verkehrssicherungspflichten bei einer privaten Geburtstagsparty. Dem Organisator einer privaten Feier in einem zum Partyraum umgebauten oberen Geschoss eines Heustadls ist kein Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung zu machen, wenn er nicht damit rechnet, dass ein Partygast mit großer Wucht gegen eine Holztür gestoßen wird, worauf die darauf nicht ausgelegte Verankerung nachgibt und der Gast in die Tiefe stürzt.

Hier die Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20130718_OGH0002_0010OB00122_13T0000_000/JJT_20130718_OGH0002_0010OB00122_13T0000_000.html


Schweiz: Wegehaftung in Schutzgebieten und neue Gesetzesinitiative

Im Zuge meines heurigen Aufenthaltes in der Schweiz habe ich mich mit dem Thema der Wegehaftung in Schutzgebieten beschäftigt. Konkret: wie machen die das in der Schweiz mit der Wegehaftung in Waldreservaten mit markierten Wanderwegen? Zu diesem Zweck habe ich das Waldreservat Uaul Prau Nausch im Kanton Graubunden aufgesucht, das auch einen großen Totholzbestand hat.

Gion Cotti vom Rechtsdienst des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartements Graubünden, hat mich in dieser Angelegenheit ausführlich informiert: In der Schweiz sind die Wanderwege in der Regel im Eigentum der Gemeinden. Diese sind daher für einen ordnungsgemäßen Unterhalt der Weganlagen verantwortlich. Für Mängel haften die Gemeinden gemäß Schweizer Recht aus Werkeigentümerhaftung. Waldreservate werden in Graubünden im Rahmen von Verträgen zwischen dem Kanton Graubünden und den Waldeigentümern vereinbart. In den entsprechenden Verträgen wird festgehalten, dass in Waldreservaten forstliche Eingriffe zur Gewährleistung der Sicherheit von Fuß- und Wanderwegen gestattet sind.

Fazit: Auch in der Schweiz gibt es noch keine Lösung für den Widerspruch zwischen weitgehender Eingriffsfreiheit und der Sicherung von Wanderwegen in Schutzgebieten.

In diesem Zusammenhang interessant ist ein am 21.06.2013 im Schweizer Nationalrat eingereichtes Postulat mit dem Titel „Ermöglichung der öffentlichen Waldnutzung unter Ausschluss der Waldeigentümerhaftung für waldtypische Gefahren“. Darin wird der Bundesrat gebeten darzulegen, wie der Artikel 699 ZGB angepasst werden kann, damit die Haftpflichtrisiken der Waldeigentümer dem heutigen Benutzungsverhalten der Bevölkerung angepasst werden können. Vor allem ist eine Ergänzung von Artikel 699 ZGB mit dem Absatz 1 zu prüfen, damit das Betreten des Waldes auf eigene Verantwortung erfolgt und eine Haftung des Waldeigentümers für waldtypische Gefahren ausgeschlossen ist.

Als Begründung wird Folgendes angeführt:
Der Wald wird durch die Bevölkerung für Erholungszwecke genutzt und geschätzt. Die Rahmenbedingungen haben sich seit der Einführung von ZGB 699 stark verändert. Der Waldbesitzer hat das Betreten zu dulden. Vermehrt sind Waldeigentümer mit haftungsrechtlichen Forderungen konfrontiert. Auch wenn diese nicht zwingend Aussicht auf Erfolg haben, so generiert alleine das Abwehren dieser Forderungen (passiver Rechtschutz) den Waldbesitzern erhebliche Kosten und führt zu Rechtsunsicherheiten. Mit einer Anpassung von Artikel 699 ZGB, könnte die Walderholungsnutzung weiterhin garantiert und die Anliegen der Waldbesitzer adäquat berücksichtigt werden.

Hier die Details zu dieser Initiative:
http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20133569


Neue Literatur: Recht für Radfahrer

Neu ist das Buch von Martin Vergeiner (Leiter der Abteilung Allgemeine Verwaltung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz und Vorsitzender des Arbeitsausschusses Verkehrszeichen und Wegweisung der Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr): Recht für Radfahrer, Manz-Verlag, (Reihe: Sachbuch & Ratgeber), Wien 2013; 144 Seiten; 18,80 EUR; ISBN: 978-3-214-00693-8
Die Themen:
- Mountainbike, Rennrad, E-Bike und Co
- Helmpflicht, Alkohol, Musik und Handy
- Die richtige Ausrüstung und sinnvolle Ergänzungen
- Benutzungspflicht von Radfahranlagen
- Fahren auf Forstwegen und im Gelände
Näheres: www.manz.at


Tourismusrecht in Kroatien

Mein „Reiserecht-Newsletter-Kollege“ Prof. Dr. Ernst Führich von der Fachhochschule Kempten im Allgäu (www.reiserecht-web.de) machte mich darauf aufmerksam, dass eine Dissertation an der Universität Rostock das Tourismusrecht in Kroatien behandelt: Ivo Mravicic, Tourismusrecht in Kroatien, Verlag Dr. Kovac (Studien zur Rechtswissenschaft, Band 300), Hamburg 2013; 312 Seiten; ISBN 978-3-8300-7162-4. Dabei geht es auch um Hoteliers, Reiseveranstalter, Haftungsfragen, Beherbergungs- und Allotmentverträge und Handelsbräuche.

Bei Interesse: http://www.verlagdrkovac.de/3-8300-7162-0.htm


Ideen und Vorhaben
Für alle, die gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrt sind: Jetzt aber ran an die Arbeit!
Für alle, die schon wieder urlaubsreif sind: Herbsturlaub planen!

Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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