Freizeitrecht-Newsletter Nr. 45, 06/2014

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 45, 06/2014
 
1.      OGH zur Aufsichtspflicht beim Spielen von Kindern in Fußgängerzonen
2.      „Das Kind im Recht“ beim Verkehrsrechtstag am 18. September in Wien
3.      Dt. BGH: Radfahrer ohne Helm haben vollen Anspruch auf Schadenersatz
4.      Qualitätsmanagement Kanutourismus in Deutschland
5.      Wegefreiheit im Bergland: Gesetzliche Änderungen?  
6.      Sommerfreizeit in der freien Natur: kostenlose Broschüre zu Rechtsfragen
 
 
OGH zur Aufsichtspflicht beim Spielen von Kindern in Fußgängerzonen
 
Der OGH (22.01.2014, 2 Ob 243/13v) entschied, dass Kinder in einer Fußgängerzone nur dann spielen dürfen, wenn dabei niemand gefährdet oder behindert wird. Aufsichtspersonen müssen die Passantenfrequenz einschätzen und das Spielen, falls nötig, verbieten.
 
Hier geht’s zum Volltext der Entscheidung:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20140122_OGH0002_0020OB00243_13V0000_000/JJT_20140122_OGH0002_0020OB00243_13V0000_000.html
 
 
„Das Kind im Recht“ beim Verkehrsrechtstag in Wien
Ein Themenbereich beim Verkehrsrechtstag am 18. September an der Wirtschaftsuniversität Wien werden die Schutz- und Haftungsbestimmungen für Kinder sein.
Die Themen der Kurzreferate: Aufsichtspflicht für Kinder im Straßenverkehr (RA Dr. Marco Nademleinsky), Praxisfälle der Aufsichtspflicht (Mag. Claudia Grasl, SOS Kinderdorf), Haftpflicht- und versicherungsrechtliche Aspekte von Schadenereignissen mit Beteiligung von Kindern (Dr. Walter Kath, Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft).
Die Teilnahme am Verkehrsrechtstag ist kostenlos!
Anmeldemöglichkeit:
http://www.verkehrsrechtstag.at
 
 
Deutscher Bundesgerichtshof: Radfahrer ohne Helm haben vollen Anspruch auf Schadenersatz
 
Zu VI ZR 281/13 entschied der BGH am 17. Juni 2014: Das Nichttragen eines Fahrradhelms führt bei Unfall nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens. Fahrradfahrer haben bei unverschuldetem Unfall Anspruch auf Schadensersatz.
 
Die Klägerin fuhr mit ihrem Fahrrad auf einer innerstädtischen Straße. Sie trug keinen Fahrradhelm. Am rechten Fahrbahnrand parkte ein PKW. Die Fahrerin des PKW öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Radfahrerin von innen die Fahrertür, so dass die Klägerin nicht mehr ausweichen konnte, gegen die Fahrertür fuhr und zu Boden stürzte. Sie fiel auf den Hinterkopf und zog sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu, zu deren Ausmaß das Nichttragen eines Fahrradhelms beigetragen hatte. Die Klägerin nimmt die Pkw-Fahrerin und deren Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in Anspruch. Das OLG Schleswig rechnete der Fahrradfahrerin Mitverschulden von 2 % an, weil sie Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen hätte. Der BGH verneinte aber ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms. Für Radfahrer ist das Tragen eines Schutzhelms nicht vorgeschrieben. Zwar kann einem Geschädigten auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich ein Mitverschulden anzulasten sein, wenn er diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Dies wäre hier zu bejahen, wenn das Tragen von Schutzhelmen zur Unfallzeit nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar gewesen wäre. Ein solches Verkehrsbewusstsein hat es jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin noch nicht gegeben. Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, war nicht zu entscheiden.
Hier mehr zu diesem Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=68021&linked=pm
 
 
Qualitätsmanagement Kanutourismus in Deutschland
 
Ein Sommerthema: Kanusport und Kanutourismus. Dazu wiederum ein Blick nach Deutschland: Seit einem Jahr gibt es dort Erfahrungen mit einer Qualitätszertifizierung für kanutouristische Angebote, wobei auch dem Bereich „Rechtsgrundlagen und Haftung“ Augenmerk geschenkt wird.
Hier der Kriterienkatalog:
http://www.bvkanu.de/qmwkanu/
 
 
 
Wegefreiheit im Bergland: Gesetzliche Änderungen?
 
In Tirol gibt es bisher keine Gesetze, die die Betretung von Gebieten oberhalb der Waldgrenze regeln. Der Alpenverein forderte deshalb jüngst ein klares Bekenntnis der Politik in Tirol zur Wegefreiheit. In den restlichen Bundesländern, mit Ausnahme von Wien und Niederösterreich, gibt es bereits gesetzliche Vorschriften für Grundstücke oberhalb des Waldes. Deshalb appelliert der Alpenverein an die Politik, auch in Tirol die Wegefreiheit im Bergland in einem Landesgesetz zu verankern.
 
Einen umgekehrten Weg scheint die Steiermark zu gehen. In einem Entwurf vom 16. Juni 2014 zu einem „Steiermärkischen Naturschutzgesetz 2014“ ist geplant, das spezielle Gesetz betreffend die Wegfreiheit im Bergland aufzuheben und in einer abgeänderten (abgeschwächten!) Form ins neue Naturschutzgesetz zu integrieren. Während im alten Gesetz aus dem Jahr 1921 noch der gesamte „Touristenverkehr“ frei ist, wäre nach der neuen Fassung im künftigen § 8 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes nur mehr das „Betreten gestattet“. Eine ausreichende Klärung dieser textlichen Änderung ist noch ausständig! Das Verbot des Schließens bestehender öffentlicher Wege im Bergland würde wegfallen. Auch hier ist noch nicht geklärt, wie und ob eine entsprechende Auffangbestimmung (etwa im Steiermärkischen Tourismusgesetz) geplant ist. Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Grundstücken für Zugänge zu Natursehenswürdigkeiten (bisher in § 1 des Gesetzes über die Wegfreiheit im Bergland geregelt) ist zudem im geltenden § 38 des Steiermärkischen Tourismusgesetzes nur sehr restriktiv geregelt.
 
Ich werde im Freizeitrecht-Newsletter weiter über die legistischen Vorhaben im Bereich Wegefreiheit im Bergland informieren.
 
 
Sommerfreizeit in der freien Natur: kostenlose Broschüre zu Rechtsfragen
 
Die von mir erstellte und kostenlos erhältliche Naturfreunde-Broschüre „Berg frei – Weg frei?! Ein Leitfaden für alle, die im freien Gelände unterwegs sind“ bietet einen Überblick darüber, was man in der freien Natur machen darf und was nicht: Straßen und Wege, Wiesen, Äcker und Weiden, Gebäude und Gehöfte, Ufer- und Schotterbänke, Wasserschutzgebiete und Schongebiete, Nationalparks, Naturschutzgebiete, Wälder und Forststraßen, Almen und alpines Ödland.
 
Zu bestellen im Naturfreunde-Webshop:
http://umwelt.naturfreunde.at/Shop/detail/102
 
Somit möchte ich allen Leserinnen und Lesern des Freizeitrecht-Newsletters einen schönen Sommer wünschen
 
und verbleibe
mit lieben Grüßen
 
Wolfgang Stock

Kommentare