Freizeitrecht-Newsletter Nr. 49, 07/2015

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 49, 07/2015
 
1. Lehrbuch „Grundzüge des Tourismusrechts“ in 2. Auflage erschienen
2. Jahrbuch „Sicherheit im Bergland 2015“ erschienen
3. OGH zur Ersitzung eines Wanderweges
4. Rafting neu: Schifffahrtspolizeiliche Kennzeichnung für Rafts
5. Verletzung durch Fisch im Badeteich – Haftung?
6. Praxistraining zur Gestaltung barrierefreier Naturerlebnisangebote
7. Vervollständigung von Beiträgen aus dem Jahrbuch für Tourismusrecht
 
 
Lehrbuch „Grundzüge des Tourismusrechts“ in 2. Auflage erschienen
 
Mein Lehrbuch „Grundzüge des Tourismusrechts“ ist soeben in der zweiten Auflage im Linde-Verlag erschienen. Vieles im Rechtsbestand hat sich geändert seit der ersten Auflage vor fünf Jahren. Auf nunmehr 107 Seiten gebe ich einen Überblick über die Rechtsquellen des Tourismusrecht (Europäisches Unionsrecht, Bundes- und Landesrecht), Hotellerie und Gastronomie, Kulturtourismus (Fremdenführer, Museen, Theater, Denkmalschutz, Ortsbildschutz und Altstadterhaltung, Kirchenbesichtigungen und Industrietourismus), Naturtourismus (Alpenkonvention, Schutzgebietstourismus, Wegefreiheit und Gewässernutzung), Badetourismus, Medizin- und Gesundheitstourismus und die Tourismusstatistik.
 
Eine persönliche Anmerkung: So ein Überblickslehrbuch ist von der Recherche her irrsinnig arbeitsintensiv. (Vielleicht kommt es mir – als grundsätzlich eher bequemem Menschen – aber auch nur so vor.) Ich traue mich aber zu sagen: Für Käufer gilt: (Sie bekommen) viel Arbeit um wenig Geld! (Das Buch kostet nur EUR 20,-).
 
Bestellmöglichkeit:
http://www.lindeverlag.at/titel-0-0/grundzuege_des_tourismusrechts-6264/
 
 
Jahrbuch „Sicherheit im Bergland 2015“ erschienen
 
Eine Fülle an interessanten Informationen zu Themen wie Risiko im Bergsport, Bau von Kletteranlagen, Klettern und Physiotherapie, Höhlenrettungseinsätze, Lawinengefahrenanalyse usw. bietet das neue Jahrbuch auf 223 Seiten. Meine Bewertung: Für Outdoor-Sportler unverzichtbar!
 
Ein Beitrag von mir befasst sich mitrechtlichen Aspekten der Vermisstensuche im alpinen Raum (Seiten 154-161). Dabei geht es um Fragen wie: Wer ist für die Vermisstensuche zuständig? Welche Folgen kennt die Rechtsordnung, wenn die Vermisstensuche ergebnislos geblieben ist? In welchen Fällen kann eine Person für tot erklärt werden?
 
Das Buch kann beim Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit, Olympiastraße 10, 6020 Innsbruck,  Tel. 0512-365451, Fax 0512-36545119, www.alpinesicherheit.at, bestellt werden.
 
 
OGH zur Ersitzung eines Wanderweges
 
Seit dem Jahr 2008 wurde um einen Kärntner Wanderweg vor Gericht gekämpft. Der Villacher Zweig des Alpenvereins – und damit auch die Allgemeinheit – hat nun höchstgerichtlich das Recht, auf einem Weg zu wandern, bestätigt bekommen. Konkret geht es um den Alpenvereinsweg 187, der die kürzeste Verbindung von Döbriach am Millstätter See über den Gupf auf den Mirnock darstellt. Seit den 1950er-Jahren ist der Weg in Karten verbrieft und ein beliebtes Ziel, auch für Touristen. Der Alpenverein hielt den Weg instand und versah ihn mit Wegtafeln. 2005 kam es zum Streit. Der Eigentümer der Grundstücke, über die der Weg führt, übermalte die Markierungen. Es handle sich um ein Eigenjagdgebiet, erklärte er. Schon sein Vater habe einst Schranken aufgestellt und Hinweise, dass es sich um Privatbesitz handle. Wenn der Alpenverein Markierungen angebracht habe, dann bloß „listig und heimlich“. Es gebe zudem auch noch andere Möglichkeiten, um von A nach B zu gelangen. Das Landesgericht Klagenfurt vernahm ältere Zeugen, die bestätigten, dass der Weg schon seit 1957 bestehe und seit Jahrzehnten markiert sei. Das bloße Übermalen von Markierungen habe „die ungehinderte Benützung des Weges nicht unmöglich“ gemacht und sei rechtlich irrelevant, meinte das Erstgericht. Auch der Hinweis auf den Privatbesitz und darauf, dass man den Weg nicht verlassen dürfe, führe zu keinen Einschränkungen bei der Benutzung des Weges. Das Landesgericht entschied, dass der Grundstückseigentümer es sich gefallen lassen müsse, dass der Alpenverein sich die Dienstbarkeit des Fußweges ins Grundbuch eintragen lässt. Zudem dürfe der Alpenverein künftig Markierungen anbringen und Instandhaltungsarbeiten vornehmen. Dazu gehöre etwa das Abschneiden von Ästen. Das Oberlandesgericht Graz bestätigte die Entscheidung, ließ aber die Revision an den OGH zu. Denn es bestünde keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Notwendigkeit eines Weges für einen alpinen Verein. Der OGH verwarf die Revision. Er betonte, für einen alpinen Verein könne nichts anderes gelten als für eine Gemeinde. Beide würden Wegerechte für die Allgemeinheit einfordern. Die beklagte Waldeigentümerin wurde verpflichtet, in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit einzuwilligen, die Instandhaltung und Markierung des Weges durch den alpinen Verein zu dulden sowie jede Störung dieses Dienstbarkeitsrechts zu unterlassen.
 
Auch eine Spezialfrage wurde in diesem Verfahren beantwortet: Müssen vom Grundeigentümer aufgestellte Tafeln den Ersitzungsbesitzer an seiner Redlichkeit zweifeln lassen? Laut OGH hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab. Im vorliegenden Fall waren vom Vater der Waldeigentümerin Tafeln mit dem Inhalt: „Achtung Privatbesitz“ und der Aufforderung, dass die Wege nicht verlassen werden dürfen, und dem Hinweis auf den Wildeinstand mit einem Ruhegebot aufgestellt worden. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der klagende alpine Verein habe gerade deshalb nicht an der Redlichkeit seiner Besitzausübung zweifeln müssen, weil er aufgrund des Hinweises auf den Tafeln davon ausgehen habe können, dass die Wege – solange sie nicht verlassen werden – benützt werden durften, stellt keine unvertretbare, vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung im Einzelfall dar.
 
„Am Bedarf dieses Wanderweges kann auch schon in Anbetracht des Umstandes, dass dieser Weg seit 1957 markiert, instand gehalten und von anderen frequentiert wird, kein begründeter Zweifel bestehen“, meinte der OGH (29.04.2015, 9 Ob 16/15s).
 
Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20150429_OGH0002_0090OB00016_15S0000_000/JJT_20150429_OGH0002_0090OB00016_15S0000_000.html
 
 
Rafting neu: Schifffahrtspolizeiliche Kennzeichnung für Rafts
 
Mit der am 9. März 2015 (BGBl II 2015/46) geänderten Seen- und Fluss-Verkehrsordnung (SFVO) wurde eine schifffahrtspolizeiliche Kennzeichnung für Rafts vorgeschrieben: Rafts müssen, soweit dies in einer Verordnung des örtlich zuständigen Landeshauptmannes gemäß § 17 Abs 2 des Schifffahrtsgesetzes bestimmt ist, zum Zweck der Identifizierbarkeit anstatt der amtlichen Kennzeichen mit einer schifffahrtspolizeilichen Kennzeichnung versehen sein, die vom Landeshauptmann zugewiesen wird.
 
Hier das Bundesgesetzblatt in der Originalversion:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2015_II_46/BGBLA_2015_II_46.html
 
 
Verletzung durch Fisch im Badeteich – Haftung?
 
Ein interessanter freizeitrechtlicher Fall ging unlängst durch die Medien: Im Juni wurde ein Bub beim Schwimmen in einem Badeteich (Naturbade-Paradies "Pielachtaler Sehnsucht" in Hofstetten-Grünau, NÖ), von einem Hecht gebissen und schwer verletzt. Seine Eltern fordern Schmerzensgeld. Nach der Rechtsansicht des Badegewässerbetreibers, der Gemeinde, verweisen Schilder „Baden auf eigene Gefahr“ auf die Eigenverantwortung. Dem entgegnet der Anwalt der Familie, dass das Schild vielleicht einen Nichtschwimmer warnt, dass er nicht damit rechnen kann, gerettet zu werden. „Aber, dass man von einem Hecht gebissen wird, damit muss man nicht rechnen", sagt er. Nach dem Vorfall wurden zehn Hechte, alle rund einen Meter groß, aus dem Wasser gefischt. Einige kleinere Hechte wurden aus gewässerökologischen Gründen im Teich belassen.
 
Der Fall wirft zahlreiche grundsätzliche Probleme auf: Wer ist Halter der Fische? Wie wäre das bei einem natürlichen Fließgewässer? Welche Sorgfaltspflichten treffen einen Badeteichbetreiber in Bezug auf den Fischbesatz? Erhöht sich der Sorgfaltsmaßstab, wenn er Eintritt verlangt?
 
Der Ausgang des gegenständlichen Schadenersatzverfahrens ist somit völlig ungewiss. Der Freizeitrecht-Newsletter wird weiter darüber informieren.
 
 
Praxistraining zur Gestaltung barrierefreier Naturerlebnisangebote
 
Für barrierefreie Freizeit-Angebote besteht ein höherer Haftungsmaßstab als für andere (Näheres z.B. zu Rollstuhlwanderwegen Stock, Aktuelle freizeitrechtliche Probleme aus Sicht der Praxis – Wandertourismus, in: Jahrbuch Tourismusrecht 14 (2014), 189). Es stellen sich daher verschiedene Fragen: Welche Möglichkeiten gibt es zur Gestaltung von Naturerlebnisangeboten für Menschen mit Behinderungen? Welche Anforderungen müssen die Infrastruktur und auch die Vermittlung selbst erfüllen? Und wie setze ich das in die Praxis um? Mit diesen Fragen wird sich ein Trainingsseminar am 4 und 5. September 2015 im Gemeindeamt Rechberg (Rechberg 9, 4324 Rechberg) in Oberösterreich gemeinsam mit ExpertInnen der Behindertenverbände ÖZIV und BSVÖ beschäftigen. Das Seminar ist kostenlos.
 
Am Freitag, 4.9.2015, wird von 16.30 bis 19.30 Uhr ein Workshop stattfinden. Am Samstag, 5.9.2015 wird es von 08.30 bis 11.30 Uhr ein Praxistraining im Freien geben und ab 13.00 Uhr optional einen integrativen Wandertag im Naturpark Mühlviertel.
 
Beschränkte Teilnehmerzahl (maximal 15 Personen)!
Barrierefreie Unterkünfte, Gasthäuser und WCs sind vorhanden.
 
Anmeldungen bis 25. August 2015 bei: David Bröderbauer, Naturfreunde Internationale, Diefenbachgasse 36/9, 1150 Wien, Tel.: 01/892 38 77-15
david.broederbauer@nf-int.org
 
 
Vervollständigung von Beiträgen aus dem Jahrbuch für Tourismusrecht
 
Zur Bereicherung der Urlaubslektüre kann ich ein besonderes Angebot unterbreiten: Ich habe mich seit 2011 alljährlich im Jahrbuch Tourismusrecht wichtigen Themen zugewendet. Der Aufbau ist dabei stets gleich: Es gibt ein Hauptthema, ein Nebenthema und ein Innovationsthema.
 
Hier die Übersicht:
 
Jahrbuch 2011: Hauptthema „Touristische Gütesiegel“, Nebenthema „Nationalparktourismus“, Innovationsthema „Geocaching“
 
Jahrbuch 2012: Hauptthema „Touristische Vermittlungsberufe“, Nebenthema „Bergführerpflichten“, Innovationsthema „Slacklinen“
 
Jahrbuch 2013: nicht erschienen
 
Jahrbuch 2014: Hauptthema „Wandertourismus“, Nebenthema „Touristische Wegesperren nach Naturkatastrophen“, Innovationsthema „Stehpaddeln“
 
Jedes dieser Jahrbücher ist für Bezieher des Freizeitrecht-Newsletters derzeit zum halben Preis erhältlich. Wie kommt man zu?
Durch eine Bestellung beim Verlagsleiter, Mag. Gerald Muther, persönlich – unter Weiterleitung diese Newsletters an: muther@nwv.at; grundlegende Informationen über den Neuen Wissenschaftlichen Verlag sind unter www.nwv.at zu finden.
 
 
Stichwort Urlaubslektüre: Wo urlaubt der Freizeitrechtler? Heuer geht es mit Bahn (durch die Schweiz bis Annecy) und Mietwagen durch die Provence. Und gegen Ende des Sommers werde ich (wieder) mit dem Fahrrad im Saarland unterwegs sein.
 
Ich wünsche auch allen einen schönen Urlaub und freue mich auf ein Wiedersehen….
 
Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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