Freizeitrecht-Newsletter Nr. 50, 09/2015

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 50, 09/2015
 
1. OGH zur Ersitzung eines Baderechts
2. OGH zu Schirennen im freien Gelände und Haftung der Veranstalter
3. LVwG Stmk zu Waldsperren wegen Viehtriebs
4. Hotelsterne-Kriterienkatalog 2015-2020
5. Wintersportförderung
6. Neue Literatur
 
 
Diesmal gibt es zwei interessante OGH-Entscheidungen, die uns gleichzeitig einen Rückblick auf diesen wahrlich heißen Sommer und einen Vorausblick auf einen hoffentlich schneereichen Winter bieten.
 
 
OGH zur Ersitzung eines Baderechts
 
Vorweg mein Fazit zu dieser Entscheidung: Wer ein Baderecht an einem fremden Privatgewässer geltend machen möchte, sollte am besten eine persönliche Servitut erworben haben. Ein Baderecht zu Gunsten eines Grundstückes als Grunddienstbarkeit wird vom OGH wie im folgenden Fall sehr streng auf Vorteile für die widmungsgemäße Nutzung des Grundstücks geprüft.
 
In dieser Entscheidung (21.05.2015, 1 Ob 76/15f) hielt der OGH fest, dass zugunsten landwirtschaftlich genutzter Grundstücke das Recht, in einem angrenzenden Privatgewässer (Badesee) zu baden, nicht ersessen werden kann. Nachdem die klagende Partei einen Badesee in Kärnten erworben hatte, erklärte sie gegenüber den Seeanrainern, das Baden im See nur mehr gegen Zahlung eines jährlichen Entgelts (360 EUR pro Familie) zu gestatten. Der Beklagte, dessen Vorfahren sich schon seit Jahrzehnten nach der landwirtschaftlichen Arbeit im See gewaschen und diesen später auch zum Baden und Schwimmen benützt hatten, verweigerte jegliche Zahlung und berief sich darauf, dass zugunsten seiner an den See angrenzenden (landwirtschaftlich genutzten) Grundstücke die Dienstbarkeit des Baderechts ersessen worden sei.
 
Die Gerichte erster und zweiter Instanz wiesen das Klagebegehren ab, mit dem unter anderem die Feststellung begehrt worden war, dass dem Beklagten kein Baderecht zustehe. Der Oberste Gerichtshof gab dem Feststellungsbegehren hingegen statt. Er bezog sich dabei insbesondere auf eine Entscheidung aus den 1960er Jahren. Dort hatte er bereits ausgesprochen, dass die Ersitzung einer Dienstbarkeit voraussetzt, dass die in Anspruch genommene Nutzung einen Vorteil für die widmungsgemäße Nutzung und Bewirtschaftung des eigenen Grundstücks mit sich bringt; bei einem landwirtschaftlich genutzten Grundstücke stelle das Baden im See aber nur eine persönliche Annehmlichkeit, nicht aber eine Erleichterung der Bewirtschaftung dar. An diesen Grundsätzen wurde nun festgehalten, zumal sich der Beklagte auch nicht auf eine vorteilhaftere Nutzung des Wohnbereichs der Gesamtliegenschaft, der sich allerdings in erheblicher Entfernung vom See befindet, berufen hatte.
 
Hier der Volltext der Entscheidung:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20150521_OGH0002_0010OB00076_15F0000_000/JJT_20150521_OGH0002_0010OB00076_15F0000_000.html
 
 
OGH zu Schirennen im freien Gelände und Haftung der Veranstalter
 
In dieser Entscheidung (20.05.2015, 7 Ob 68/15y) hielt der OGH fest: Bei vorgegebenem Streckenverlauf hat der Veranstalter eines Schirennens im freien Gelände die Rennteilnehmer vor atypischen Gefahren zu bewahren.
 
Es ging um ein Schirennen mit Massenstart im freien Gelände ohne vorhergehende Besichtigungsmöglichkeit. An einer Geländekante wurde ein einzelnes Richtungstor angebracht, sodass die Schifahrer in die Nähe einer 4 bis 5m tiefen Grabenmulde gelenkt wurden, in die sie mit Renngeschwindigkeit fuhren, stürzten und sich verletzten. Der OGH entschied dazu: Die Veranstalter mussten davon ausgehen, dass die Teilnehmer den vorgegebenen Streckenverlauf im Renntempo abfahren und die von der Grabenmulde ausgehende Gefahr nicht erkennen würden. Sie haben daher die fahrlässige Schaffung einer atypischen Gefahrenlage zu verantworten. Die Rennläufer, die die Grabenmulde – ohne entsprechende Warnung – erst unmittelbar an der Geländekante erkennen konnten, trifft kein Mitverschulden.
 
Hier der Volltext der Entscheidung:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20150520_OGH0002_0070OB00068_15Y0000_000/JJT_20150520_OGH0002_0070OB00068_15Y0000_000.html
 
 
LVwG Stmk zu Waldsperren wegen Viehtriebs
 
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (23.02.2015, LVwG 52.28-6033/2014) hat folgende freizeitrechtlich interessante Entscheidung gefällt: Die Errichtung eines Zaunes im Wald und damit das Aufstellen einer Waldsperre, durch die die Benützung des Waldes zu Erholungszwecken beeinträchtigt wird, zum Zwecke des Viehtriebes oder zum Zwecke des Verbringens von Wildtieren ist weder durch ein Bundes- noch durch ein Landesgesetz gedeckt und daher unzulässig. Die forstliche Sperre liegt auch dann vor, wenn sie an drei Stellen, ausgenommen die kurze Zeit des Durchtriebs, ganzjährig geöffnet ist. Auch wenn sie sonst offen ist, wird mit ihr die allseitige freie Begehbarkeit des Waldes behindert. Die Verbringung von Wildtieren von einem Ort zum anderen kann auch nach dem Einfangen durch deren Transport durchgeführt werden.
 
Hier der Volltext der Entscheidung:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Lvwg/LVWGT_ST_20150223_LVwG_52_28_6033_2014_00/LVWGT_ST_20150223_LVwG_52_28_6033_2014_00.html
 
 
Hotelsterne-Kriterienkatalog 2015-2020
 
Wie lange muss bei einem Drei-Stern-Hotel die Rezeption besetzt sein? Ab welcher Kategorie muss es einen Internet-Zugang auf dem Zimmer geben? Muss ein Zweistern-Hotel einen Gästelift haben? Muss auch beim Frühstücksbuffet eine Servicekraft zugegen sein?
 
Fragen, deren Beantwortung nicht durch Gesetze, sondern nur über die Klassifizierung eines Hotels möglich ist. Hier sind alle Kriterien zu finden:
https://www.wko.at/Content.Node/hotelsterne/Kriterienkatalog-Hotelklassifizierung-2015-2020.pdf
 
 
Wintersportförderung
 
„Die Förderung des Schneesports mit dem Ziel, Kinder, Jugendliche, Familien und Schulen zum Schneesport und Winterferien in der Schweiz zu motivieren.“ Das ist eines der Anliegen, das die am 8. August 2015 in Chur gegründete Tourismuspartei der Schweiz vertritt. Die neu gegründete Partei versteht sich als „Input-Partei“ und engagiert sich für die Interessen der Tourismusindustrie in der Schweiz.
Näheres:
http://tourismus-partei.ch/
 
In Österreich forderten die Naturfreunde im Vorjahr, dass die Benützung von Schiliften für Kinder bis 14 Jahre gratis sein sollte.
Näheres:
http://www.naturfreunde.at/berichte/presseinformationen/presseinformationen/forderung-liftfahren-fuer-kinder-bis-14-jahre-gratis/
 
Meines Erachtens sollte man im (bisherigen) Wintersportland Österreich in diese Richtung weiterdenken.
 
 
Neue Literatur
 
Neuerschließungen und Erweiterungen von Schigebieten stehen in einem komplexen Spannungsfeld ökonomischer und ökologischer Interessenlagen. Das Buch von Simon Gleirscher stellt ausgewählte Rechtsfragen rund um Seilbahn- und Schigebietsprojekte dar.
 
Simon Gleirscher, Erschließung und Erweiterung von Schigebieten. Eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Analyse (2015), Verlag Österreich, Schriftenreihe zum Sportrecht an der Universität Innsbruck, ISBN: 978-3-7046-6978-0, 289 Seiten, 58,00 EUR.
Bestellung:
http://www.verlagoesterreich.at/erschliessung-und-erweiterung-von-schigebieten-gleirscher-978-3-7046-6978-0
 
Naturnaher Tourismus: Der naturnahe Tourismus ist ein wichtiges Element der ökologisch nachhaltigen Entwicklung im Alpenraum. In seinen vielfältigen Facetten und Formen unterstützt er den Naturschutz, die Kulturpflege und die Landschaftsentwicklung. Gute Beispiele zeigen, dass ein erfolgreicher naturnaher Tourismus der lokalen Bevölkerung Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung bringen kann.
 
Dominik Siegrist, Susanne Gessner und Lea Ketterer Bonnelame präsentieren in ihren Buch dazu zehn Standards. Sie reichen vom Schutz der Natur, der Pflege der Landschaft, der guten Architektur, der Raumplanung und der Angebotsentwicklung bis zum naturnahen Marketing und zur Umweltbildung im Tourismus. Diese Qualitätsstandards wurden unter Einbezug von Experten aus sechs Alpenländern erarbeitet und in Fallstudien mit fünf Regionen und einem alpenweit tätigen Reiseveranstalter überprüft. Als Ergebnis liegt eine Checkliste zum naturnahen Tourismus in den Alpen vor. Damit wird Verantwortlichen von Destinationen und Regionen ein Werkzeug an die Hand gegeben, mit dem sie die eigene Arbeit reflektieren und weiterentwickeln können. Darüber hinaus sind die vorgestellten Qualitätsstandards ein Beitrag zur Diskussion über die Zukunft des Tourismus und die nachhaltige Regionalentwicklung in den Alpen.
 
Siegrist/Gessner/Ketterer Bonnelame: Naturnaher Tourismus. Qualitätsstandards für sanftes Reisen in den Alpen
(2015), Haupt-Verlag, ISBN: 978-3-258-07922-6, 309 Seiten, 37,10 EUR.
 
Bestellung direkt in der Schweiz:
http://www.haupt.ch/Verlag/Buecher/Natur/Umwelt-Oekologie/Naturnaher-Tourismus.html?cur=1&listtype=search&searchparam=naturnaher%20tourismus
 
 
Man sieht: Sommer- und Winterthemen halten sich in diesem Newsletter fast die Waage. Ob es in der nächsten Woche eher sommerlich oder winterlich wird, ist eine der wenigen Fragen, die Sie nicht dem Freizeitrecht-Newsletter entnehmen können. Dennoch ein kleiner Tipp: einfach aus dem Fenster schauen!
 
Ich wünsche Ihnen und euch allen einen schönen Herbst!
 
Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

Kommentare