Freizeitrecht-Newsletter Nr. 53, 02/2016

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 53, 02/2016
 
1. Neue Ö-Norm für die Langlaufloipenbeschilderung
2. VfGH zur Frage, wann „Wintersaison“ ist
3. OGH zu Schutzmaßnahmen am Pistenrand
4. Niederösterreich: Möglichkeit zur Einschränkung von Freizeitaktivitäten durch Novelle zum Naturschutzgesetz
5. Nochmals Niederösterreich: Erweiterte Sperren von Wildschutzgebieten
6. Bäderkongress 2016
7. Helmpflicht für Radfahrer?
 
Heute bildet das Wintersportrecht einen Schwerpunkt im Freizeitrecht-Newsletter (1 bis 3). Wenn es schon da und dort Schnee gibt…
Für Frühlingsorientierte findet sich aber schon noch etwas Zusätzliches (4 bis 7).
 
 
Neue Ö-Norm für die Langlaufloipenbeschilderung
 
Die ÖNORM S 4615 „Schilder für Loipen und Langlaufrouten –
Anforderungen, Ausführung und Klassifizierung“ liegt für die heurige Langlaufsaison neu vor. Sie legt die Anforderungen an und die Ausführung von Schildern fest, wie sie bei Loipen, Langlaufrouten und Winterwanderwegen eingesetzt werden. Weiters dient sie als Grundlage für die Einteilung von Loipen in verschiedene Schwierigkeitsgrade sowie für die Markierung und Beschilderung von Loipen, Langlaufrouten und Winterwanderwegen. Eine Klassifizierung von Langlaufrouten und Winterwanderwegen ist in der vorliegenden ÖNORM zur Zeit nicht vorgesehen. Neu ist, dass in großräumigen Leitsystemen Hinweise zur besseren Hervorhebung auch in anderen Schriftsystemen oder mit farbiger Textunterlegung gestaltet werden dürfen, wenn dies der Orientierung der Betrachter dient und die Lesbarkeit der Hinweise dadurch nicht beeinträchtigt wird. Durchstreichungen zur Verbotsdarstellung dürfen die Erkennbarkeit des zugrundegelegten Symbols nicht beeinträchtigen.
 
Hier geht’s zum Webshop von Austrian Standards:
https://shop.austrian-standards.at/action/de/public/details/401990/OENORM_S_4615_2015_08_15

 
VfGH zur Frage, wann „Wintersaison“ ist
 
Bedingt durch immer wärmere Winter fragen sich viele Menschen, wann jetzt eigentlich die Wintersaison beginnt und endet. So auch das Oberlandesgericht Innsbruck. Dem Bedenken des OLG Innsbruck, wonach es sich bei dem in § 3 der Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Dalaas verwendeten Begriff "Wintersaison" um einen "völlig unbestimmten" Begriff handle, hat aber der VfGH entgegengehalten, dass diese Bestimmung ausdrücklich normiert, dass das verordnete Fahrverbot der Sicherheit der Schiliftbenützer dienen soll. Daraus ergibt sich, dass der Begriff "Wintersaison" auf die Öffnungszeiten des Schiliftes abstellt und die "Wintersaison" somit zu jenem Zeitpunkt beginnt, an dem der jährliche Liftbetrieb aufgenommen wird, und zu dem Zeitpunkt, an dem der jährliche Liftbetrieb eingestellt wird, endet (so auch VwGH 17.9.2009, 2007/07/0164). Der Begriff "Wintersaison" ist somit hinreichend bestimmt.
 
Wer die umfangreiche Entscheidung nachlesen möchte:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Vfgh/JFT_20150619_14V00066_00/JFT_20150619_14V00066_00.html
 
Freilich hat dieses VfGH-Erkenntnis keine Auswirkungen auf die Wintersaison-Begriffe in anderen Rechtsgebieten (etwa im Tourismusrecht).
 
Mein Tipp: Gesetz- und Verordnungsgeber, aber insbesondere auch Wegehalter sollten die Begriffe „Wintersaison“ und „Wintersperre“ in Zukunft möglichst konkret (allenfalls auch situativ) festlegen. Denn immer wieder trifft man etwa auf „wegen Wintersperre“ gesperrte Radwege inmitten von frühlingshaften Landschaften. Wenn normative Anordnungen aber in die Lächerlichkeit abgleiten, verlieren sie ihre allgemein verbindliche Wirkung – ein Effekt, den niemand wollen kann. 
 
 
OGH zu Schutzmaßnahmen am Pistenrand
 
Einer aktuellen Entscheidung des OGH (19.1 2016, 2 Ob 186/15i) ist zu entnehmen, dass Schutzmaßnahmen am Pistenrand auch im Hinblick auf mögliche Fahrfehler zu beurteilen sind. Der Pistenrand ist nämlich durch Schutzmaßnahmen zu sichern, wenn die Piste an einen bewaldeten Steilabhang heranführt und auch für den verantwortungsvollen Schifahrer ein zusätzliches Gefahrenmoment, wie etwa eine scharfe, nach außen hängende Kurve besteht. In Anknüpfung an seine bisherige Rechtsprechung hielt der OGH fest, dass sich die Verpflichtung des Pistenhalters, atypische Gefahren zu sichern, auch auf den Pistenrand erstreckt. Bei Schipisten, die bis auf wenige Meter an abbrechende Felsen, Steilflanken und ähnliche Geländeformationen heranführen, sind wegen der jederzeitigen Sturzgefahr geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. Auch wenn im gegenständlichen Fall die Linkskurve samt bewaldetem Abhang für den Schifahrer aus ausreichender Entfernung erkennbar war, hätten infolge der zusätzlichen Gefahrenmomente (scharfe und „deutlich“ nach außen hängende Linkskurve; relative Steilheit des Geländes vor Einmündung in den Schiweg) Schutzmaßnahmen getroffen werde müssen, weil bei einem jederzeit möglichen Fahrfehler die Gefahr eines Absturzes mit drastischen Folgen bestand.
 
Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160119_OGH0002_0020OB00186_15I0000_000/JJT_20160119_OGH0002_0020OB00186_15I0000_000.html
 
Die Entscheidung stellt einen Anlass dar, wieder einmal die Abwägung zwischen Sicherungspflichten und Eigenverantwortung zu bedenken: Wie man dem Urteil entnehmen kann, ermöglicht das Zivilrecht durchaus eine Berücksichtigung beider Elemente. (Im vorliegenden Fall eine Verschuldensteilung 1:1, wodurch die Hälfte des Leistungsbegehrens abgewiesen wurde.) Solche Abwägungsentscheidungen können allerdings bei Bestrafungen wegen einer Verletzung öffentlichrechtlicher Pflichten nicht getroffen werden. Der Freizeitrecht-Newsletter wird sich diesem Thema weiter widmen.
 
 
Niederösterreich: Möglichkeit zur Einschränkung von Freizeitaktivitäten durch Novelle zum Naturschutzgesetz
 
Durch eine Novellierung des NÖ Naturschutzgesetzes, die mit 15. Dezember 2015 in Kraft getreten ist, kann die Naturschutzbehörde durch Verordnung die Inanspruchnahme der Natur durch Freizeitaktivitäten zeitlich und örtlich verbieten oder einschränken, soweit das ökologische Gefüge im betroffenen Lebensraum erheblich beeinträchtigt wird.
 
Eine erhebliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit des betroffenen Lebensraumes liegt insbesondere vor, wenn eine maßgebliche Störung des Kleinklimas, der Bodenbildung, der Oberflächenformen oder des Wasserhaushaltes erfolgt, der Bestand und die Entwicklungsfähigkeit an für den betroffenen Lebensraum charakteristischen Tier- und Pflanzenarten, insbesondere an seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten, maßgeblich beeinträchtigt oder vernichtet wird, der Lebensraum heimischer Tier- oder Pflanzenarten in seinem Bestand oder seiner Entwicklungsfähigkeit maßgeblich beeinträchtigt oder vernichtet wird oder eine maßgebliche Störung für das Beziehungs- und Wirkungsgefüge der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt untereinander oder zu ihrer Umwelt zu erwarten ist.
 
Hier § 5 NÖ NSchG in neuer Fassung:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/LrNO/LNO40017310/LNO40017310.html
 
Meine Auffassung dazu: eine wegen ihrer Unbestimmtheit (was bedeutet „Inanspruchnahme der Natur“? was wird dabei unter „Freizeitaktivitäten“ verstanden?) äußerst problematische Gesetzesstelle.
 
 
Nochmals Niederösterreich: Erweiterte Sperren von Wildschutzgebieten
 
Ebenfalls mit 15. Dezember 2015 ist durch eine Novelle zum NÖ Jagdgesetz (LGBl 2015/109) die Rechtslage für Wanderer sehr unübersichtlich geworden.
Kostprobe gefällig?: „Jagdfremde Personen dürfen Wildschutzgebiete abseits von öffentlichen Wegen und Straßen, mit Ausnahme solcher, die als Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 in der Fassung BGBl. I Nr. 189/2013 gelten, Wegen gemäß § 14 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz 2010, LGBl. 7400, und sonstigen öffentlichen Anlagen nicht betreten.“ (Auszug aus § 94b NÖ JagdG neu)
 
Wer sich da auf Anhieb auskennt…gratuliere!
 
Laut den Gesetzesmaterialien sind die Forststraßen gemeint. Aber nach dem Wortlaut des Gesetzes stellen sich doch einige Fragen: Wie viele öffentliche Wege und Straßen gibt es, die gleichzeitig Wald sind? Was bedeutet die Ausnahme vom Bezugsrahmen (= öffentliche Wege und Straßen) der „Abseitsfläche“? Eine Ausnahme von einem Verbot wäre ja eine Erlaubnis…
 
Hier zum Nachlesen für stille Stunden der ganze § 94b:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/LrNO/LNO40017461/LNO40017461.html
 
 
Bäderkongress 2016
 
Am 2. und 3. März 2016 findet in Hall in Tirol der Bäderkongress 2016 statt. Einige der Themen: Bäderkonzepte gestern und heute; Bäder und Freizeitangebote; Aquatraining als Trend im Gesundheitsmarkt; Risikoanalyse für Bäder nach EN 15288; Beschwerdemanagement.
 
Detailinformationen und Anmeldemöglichkeit:
http://www.baederkongress.at
 
 
Helmpflicht für Radfahrer?
 
Spätestens im Frühjahr wird da oder dort wieder die Frage nach einer generellen Helmpflicht für Radfahrer auftauchen. In Österreich gibt es eine solche bekanntlich gemäß § 68 Abs 6 StVO nur für Kinder unter 12 Jahren: Kinder unter 12 Jahren müssen beim Rad fahren, beim Transport in einem Fahrradanhänger und wenn sie auf einem Fahrrad mitgeführt werden, einen Sturzhelm in bestimmungsgemäßer Weise gebrauchen. Dies gilt nicht, wenn der Gebrauch des Helms wegen der körperlichen Beschaffenheit des Kindes nicht möglich ist. Wer ein Kind beim Rad fahren beaufsichtigt, auf einem Fahrrad mitführt oder in einem Fahrradanhänger transportiert, muss dafür sorgen, dass das Kind den Sturzhelm in bestimmungsgemäßer Weise gebraucht.
 
Wie im Freizeitrecht-Newsletter Nr. 46, 12/2014, berichtet, bejahte der OGH überdies in seiner Entscheidung vom 27. 8. 2014, 2 Ob 99/14v, erstmals die Helmpflicht für Radfahrer, die unter rennmäßigen Bedingungen fahren. (Erleidet ein solcher Radfahrer bei einem Sturz Schädelverletzungen, die beim Tragen eines Helms vermeidbar gewesen wären, so trifft ihn ein Mitverschulden.)
 
Wer sich informieren möchte, wie die Rechtslage zur Fahrradhelmpflicht in anderen Staaten ist, kann sich diese Übersicht des Deutschen Verkehrssicherheitsrates anschauen:
http://www.dvr.de/betriebe_bg/daten/radhelmpflicht_europa.htm
 
Meine Anmerkung dazu: Solche länderübergreifenden Übersichten können nützlich sein; verlassen sollte man sich auf diese aber nicht. Aktuelle Rechtsprechungsentwicklungen werden meist nicht eingearbeitet. Auch regionale Besonderheiten finden oft keine Berücksichtigung. Dazu ein Beispiel: Gemäß § 26c NÖ SportG müssen Erziehungsberechtigte und Begleitpersonen sicherstellen, dass Minderjährige bis zum vollendeten 15. Lebensjahr, wenn sie im Freien außerhalb von Hausgärten auf Landflächen, die keine Straßen mit öffentlichem Verkehr sind, selbst Rad fahren oder von einem Radfahrer mitgenommen werden, einen handelsüblichen Radhelm oder einen für die jeweilige Radsportart entwickelten Helm tragen.
Zugegeben: Alle Winkel der österreichischen föderalistischen Rechtslage auszuleuchten ist natürlich vom Ausland aus schwierig. Dennoch mahnt das Beispiel zur Vorsicht im Umgang mit rechtsvergleichenden Daten.
 
 
Last but not least: Der Frühling kommt bestimmt und damit dann auch ein frühlings(themen)hafter Freizeitrecht-Newsletter.
 
Bis dahin
mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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