Freizeitrecht-Newsletter Nr. 54, 06/2016

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 54, 06/2016

1) Tourismusrecht-Jahrbuch 2016 erschienen
2) Risikosportarten: Vorsicht vor der Verharmlosung von Gefahren!
3) Ersessene Wegerechte und Widersetzung: OGH bekräftigt Judikatur
4) Inline-Skating und Leinenpflicht für Hunde
5) Gemeindeunfallversicherung für alle Kinder bis 15 Jahre
6) Forsttourismus: Neues Handbuch erschienen
7) Waldkindergärten in Österreich


Tourismusrecht-Jahrbuch 2016 erschienen

Soeben ist das Jahrbuch Tourismusrecht 2016 erschienen. Ich habe mich darin schwerpunktmäßig mit dem Tierbeobachtungstourismus beschäftigt. Antworten finden sich dort z.B. auf folgende Fragen: Inwieweit gilt das Tierschutzgesetz in Zoos? Welche Zoo-Kategorien gibt es? Müssen Zoos diese transparent machen? Welche Rechtsvorschriften gelten für Streichelzoos, Aquarien und Terrarien? Sind Greifvogelschauen zulässig? Wer darf Schaugehege anlegen? Wie müssen diese ausgestaltet sein? Wann sind Tierbeobachtungen in der freien Natur als Tierstörung zu werten? Sind Tierkampf- und Tiersportveranstaltungen zulässig?

Weiters beschreibe ich eine von mir entwickelte Methode zur Bestimmung der Anpassungs-, Reaktions- und Entwicklungsmöglichkeiten im Tourismussektor aus juristischer Sicht, die sog. Tourismusrechtliche Analyse (TRA). (Dazu gibt es auch auf www.freizeitrecht.at einige Basisinformationen.)

Weitere Beiträge behandeln die neue EU-Pauschalreiserichtlinie 2015/2302/EU (Michael Wukoschitz und Gernot Liska), die Reisestornoversicherung (Eike Lindinger), die Fortbewegungsart Parkour (Wolfgang Stock) sowie aktuelle Judikatur zum Eisenbahnrecht und Schienenverkehrsmarkt (Gertraud Redl).

Bestellung hier:
http://www.nwv.at/recht/zivilrecht/1201_tourismusrecht_jahrbuch_2016/


Risikosportarten: Vorsicht vor der Verharmlosung von Gefahren!

Eine gewisse, bei einzelnen Sportarten mehr oder weniger große und verschiedenartig bedingte Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Sportausübenden liegt im Wesen des Sports begründet; daher wird das notwendigerweise damit verbundene Risiko für die körperliche Unversehrtheit der daran teilnehmenden Personen von der Rechtsprechung gebilligt. Auch die Teilnahme an Risikosportarten geschieht grundsätzlich auf eigenes Risiko.

Einer aktuellen Höchstgerichtsentscheidung (OGH 14.1.2016, 6 Ob 183/15b) ist allerdings eine Warnung für Sportanlagenbetreiber und -veranstalter zu entnehmen: Bei Werbemaßnahmen, die eine Verharmlosung der mit der Benutzung der Anlage verbundenen Gefahren darstellen (hier: „Erleben Sie das gute Gefühl eines missglückten Backflips!“), kann den Betreiber der Anlage eine Mithaftung auch im Fall eines eigenverschuldeten Unfalls des Benützers treffen!

Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160114_OGH0002_0060OB00183_15B0000_000/JJT_20160114_OGH0002_0060OB00183_15B0000_000.html

Bei der Gelegenheit: Sport- und Freizeitanlagenbetreiber haften bei Verletzungen von Benützern auch dann, wenn sie trotz Beobachtung von Verstößen gegen die Benutzungsordnung keine Vorkehrungen treffen, um diese zu verhindern!

Siehe dazu z.B. folgende Entscheidung:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20150825_OGH0002_0080OB00041_15K0000_000/JJT_20150825_OGH0002_0080OB00041_15K0000_000.html


Ersessene Wegerechte und Widersetzung: OGH bekräftigt Judikatur

Wie bereits im Freizeitrecht-Newsletter Nr. 52, 12/2015 ausgeführt kann ein ersessenes Wegerecht durch Widersetzung seitens des Grundeigentümers wieder verloren gehen. Dabei vereint der Begriff der Widersetzlichkeit in § 1488 ABGB eine physische Komponente, nämlich die Widersetzungshandlung, die für den Berechtigten wahrnehmbar und manifest sein muss, und eine zeitliche, nämlich keine bloß vorübergehende Störung. Dass sich der verpflichtete Grundeigentümer der tatsächlichen Ausübung der Dienstbarkeit widersetzen müsse, ist nach der neueren Judikatur nicht mehr erforderlich; es genügt vielmehr, dass der Dienstbarkeitsberechtigte das Hindernis, das die Ausübung seiner Dienstbarkeit zumindest beeinträchtigt, bei gewöhnlicher Sorgfalt hätte wahrnehmen können. Es genügt die Errichtung eines Hindernisses, das die Ausübung des Rechts für den Berechtigten wahrnehmbar unmöglich macht oder beeinträchtigt.

All dies hat der OGH in seiner jüngsten Entscheidung (19.02.2016, 8 Ob 122/15x) dazu neuerlich bekräftigt.

Hier zum Nachlesen:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160219_OGH0002_0080OB00122_15X0000_000/JJT_20160219_OGH0002_0080OB00122_15X0000_000.html


Inline-Skating und Leinenpflicht für Hunde

Viele Hundehalter sind der Meinung, mit dem Anleinen ihrer Hunde der Halterverantwortung Genüge getan zu haben. Das ist aber nicht in jedem Fall so! Die Rechtsprechung verlangt von Hundehaltern z.B. auf bzw. unmittelbar neben Radwegen die jederzeitige Beherrschung ihrer Hunde. Dass es ausreichend sei, durch Anleinen des Hundes oder durch die Verwendung eines Maulkorbs Hundeattacken oder Bissverletzungen zu verhindern, verkennt die Gefahren, die sich auf einem Radweg durch die Begegnung von Hunden mit anderen, viel schnelleren Radwegbenützern (Fahrradfahrer, Inlineskater usw.) ergeben können. So auch der OGH in dieser Entscheidung (25.11.2015, 8 Ob 110/15g):
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20151125_OGH0002_0080OB00110_15G0000_000/JJT_20151125_OGH0002_0080OB00110_15G0000_000.html


Gemeindeunfallversicherung für alle Kinder bis 15 Jahre

Statistiken belegen, dass die Mehrzahl der Unfälle von Kindern nicht in der Schule, sondern im Freizeitbereich (öffentliche Straßen und Spielplätze), der oft nicht versichert ist, passiert. Generelle Versicherungslösungen sind daher sehr gefragt. Dazu ein beispielhaftes Projekt: Mit Beginn 2016 bieten die Stadtgemeinde Marchtrenk und die Gemeinde Holzhausen nun ihren mehr als 2100 Kindern bis 15 Jahren eine Gratis-Unfallversicherung rund um die Uhr an. Pro Kind kostet das 10 Euro im Jahr, also unterm Strich 21.000 Euro. Die Gemeinde zahlt davon 4.000 Euro. Der Rest stammt aus Sponsorgeldern. Die Eltern müssen nichts zahlen. Das Projekt ist vorerst auf ein Jahr befristet – auch von Seiten der Versicherung, denn es gäbe noch keinerlei Erfahrungen mit so einer Versicherung für eine ganze Gemeinde.

Für „Nachahmungstäter“ Näheres hier:
http://www.marchtrenk.gv.at/EINMALIG_Gratis-Unfallversicherung_fuer_alle_Kinder_in_Marchtrenk_und_Holzhausen_


Forsttourismus: Neues Handbuch erschienen

Das vom Bundesforschungszentrum für Wald herausgegebene und im Mai 2016 veröffentlichte Handbuch gibt in Beiträgen von 10 Autorinnen und Autoren erstmals eine umfassende Sicht auf die Entwicklung forsttouristischer Angebote in Österreich. Einige Beispiele: Der Wald als Potenzial der touristischen Produktentwicklung (Birgit Pikkemaat), Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung in der Produktentwicklung (Wolfgang Stock), Betriebswirtschaftliche Aspekte im Forsttourismus (Walter Sekot). Praxisbeispiele und ein Literaturverzeichnis runden das informative Werk ab.

Kostenloser PDF-Download hier:
http://www.bfw.ac.at/webshop/index.php?id_product=345&controller=product


Waldkindergärten in Österreich

Wenn Sie ohnehin schon auf der Seite des Bundesforschungszentrums für Wald sind empfehle ich ein weiteres, 2015 erschienenes Handbuch zum Thema „Waldkindergärten in Österreich“. Waldkindergärten sind überall dort bekannt, wo es einen gibt. Der Großteil der Bevölkerung kann jedoch mit dem Wort nichts anfangen. Dass es funktioniert und vor allem den Kindern, Pädagoginnen und Pädagogen gut tut, zeigt dieses Handbuch. Es ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Green Care Wald und dem Fachausschuss Waldkindergarten des Vereins Waldpädagogik in Österreich. Ein Fragebogen an alle Waldkindergärten in Österreich verhalf zu einer Standortbestimmung. Da Kindergartenrecht in Österreich in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist, wird auch ein nützlicher Blick auf die jeweilige Rechtslage der Bundesländer geboten. Mustervorlagen für die Praxis runden die Information ab.

Hier geht es zum Download:
http://bfw.ac.at/cms_stamm/GreenCareWald/pdf/gcw_waldkindergaerten_V1b.pdf

Eine weitere Möglichkeit zu vertiefter Information:
Ein Seminar von mir zum Thema. Näheres auf www.freizeitrecht.at/bildungsangebote unter „Kinderbetreuungsrecht“.


Den nächsten Freizeitrecht-Newsletter wird es im Herbst geben. Bis dahin wünsche ich einen erlebnisreichen und erholsamen Sommer!

Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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