Freizeitrecht-Newsletter Nr. 55, 10/2016

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 55, 10/2016

1) Tourismusrecht-Lehrbuch in dritter Auflage erschienen
2) Waldpädagogen erstmals als Ausnahme in einem Bergführergesetz genannt
3) OGH zur Verkehrssicherungspflicht bei unerlaubter Nutzung (einer Wasserrutsche)
4) OGH zur Parkplatzhaftung
5) Haftpflichtversicherung für Wegehalter: Neue Broschüre erhältlich
6) Handbuch Sporttourismus
7) Droht eine Einschränkung der Wegefreiheit im Wald durch eine Forstgesetznovelle?


TOURISMUSRECHT-LEHRBUCH IN DRITTER AUFLAGE ERSCHIENEN

Mit Stolz und Freude kann ich berichten, dass mein Tourismusrecht-Lehrbuch nunmehr bereits in dritter Auflage erschienen ist. Aktualisierungen gab es u.a. zur Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2015 zur Felbertauernmaut, zur neuen EU-Pauschalreise-Richtlinie vom 25.11.2015 (RL 2015/2302), zur Novellierung des Meldegesetzes (in Kraft seit 01.04.2016) und zum neuen Nichtraucherschutzrecht (in Kraft seit 20.05.2016).

Neue dazugekommen sind die Themen Couchsurfing (Wird man zum gewerblichen Vermieter, wenn der Couchsurfer beim Frühstückmachen hilft?), Schaubergwerke und Friedhofstourismus sowie ein eigener Abschnitt zu Tourismusimage, Tourismusqualität und Nachhaltigkeit.

Die genauen Daten zum Buch: 19 Euro; ISBN: 978-3-7083-1125-8; 122 Seiten, broschiert, 3. Auflage, Oktober 2016

Bestellung im Neuen Wissenschaftlichen Verlag:
http://www.nwv.at/recht/handels-_und_wirtschaftsrecht/1228_grundzuege_des_tourismusrechts/


WALDPÄDAGOGEN ERSTMALS ALS AUSNAHME IN EINEM BERGFÜHRERGESETZ GENANNT

Seit 13. Mai 2016 (Vlbg LGBl 2016/59) kennt das Vorarlberger Bergführergesetz eine neue Ausnahme: Gemäß § 1 Abs 2 lit i gilt das Gesetz nicht für das Führen, Begleiten und Unterrichten durch ausgebildete Kräuterpädagogen, Waldpädagogen oder Alpführer, soweit diese Tätigkeit ihrer Ausbildung entspricht.

Hier der Anwendungsbereich des Gesetzes mit allen Ausnahmen:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Landesnormen/LVB40011815/LVB40011815.html


OGH ZUR VERKEHRSSICHERUNGSPFLICHT BEI FALSCHER NUTZUNG (EINER WASSERRUTSCHE)

Der Oberste Gerichtshof war jüngst (OGH 26.07.2016, 9 Ob 77/15m) mit den Verkehrssicherungspflichten des Betreibers einer Badeanstalt befasst. Es ging um eine (vom TÜV abgenommene) Wasserrutsche. Der Kläger verletzte sich, als er mit seinem 6-jährigen Sohn gemeinsam rutschte, weil er die ihm bekannte und auf gut sichtbaren Warntafeln vorgeschriebene Rutschhaltung („Rückenlage, Füße voraus“) nicht einhielt, sondern mit dem Rücken voraus in die Rutschrichtung rutschte. Dabei hob es den – 1,84 m großen und 100 kg schweren – Kläger in der letzten Kurve aus, sodass er auf den Rand hinaus rutschte, mit der rechten Hand über die Rutsche hinaus griff, und sich dabei an einer scharfen Kante am Ende der Schwallwasserblende schnitt. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Rutschhaltung hätte der Kläger nicht an diese Stelle gelangen können.

Dazu der OGH: Der Inhaber einer Badeanstalt muss im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nur jene Maßnahmen ergreifen, die von ihm nach der Verkehrsauffassung verlangt werden können. Entscheidend ist auch, in welchem Ausmaß der Benützer der zur Verfügung gestellten Einrichtung selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen kann. (Hier war vor allem entscheidend, dass der Kläger als Erwachsener die vorgeschriebene Rutschhaltung kannte und für ihn die Gefahr leicht erkennbar war, sich bei einem Hinausgreifen aus der Rutsche zu verletzen.) Aber der OGH führte auch aus: Darüber hinausgehende Vorkehrungen sind dann in Betracht zu ziehen, wenn die Möglichkeit nahe liegt, dass sich Gefahren infolge unerlaubten Verhaltens bei Benützung der Anlage ergeben. Im Verfahren wurde aber festgehalten, dass auch bei Einnahme einer unerlaubten Rutschhaltung das Hinausgreifen aus der Wasserrutsche keine „nahe liegende Möglichkeit“ in diesem Sinn war.

Mein Fazit: In Fällen unerlaubter Nutzung müssen Freizeitanlagenbetreiber dann aktiv werden, wenn dabei (zusätzliche) „naheliegende“ Gefahren auftreten können.

Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160726_OGH0002_0090OB00077_15M0000_000/JJT_20160726_OGH0002_0090OB00077_15M0000_000.html


OGH ZUR PARKPLATZHAFTUNG

In einer neueren Entscheidung (05.08.2016, 2 Ob 113/16f) hat der OGH bekräftigt, dass die Haftung eines Parkplatzbetreibers sich auch auf den Weg von und zum Parkplatz erstreckt, wobei der Parkzweck entscheidend ist. Im gegenständlichen Fall musste es laut OGH für die Beklagte als Vermieterin von Parkplätzen im Freien oder in einem Parkhaus auf dem Flughafen klar sein, dass das Parken auf diesen Parkplätzen nur einen vernünftigen Zweck haben kann, nämlich vom Parkplatz in das Flughafengebäude zu gelangen und umgekehrt.

Dies gilt somit auch für andere „Zweckparkplätze“, wie z.B. Schiliftparkplätze. Bei Geschäftsinhabern besteht die Haftung bereits aus vorvertraglichen Schutzpflichten gegenüber potenziellen Kunden. Bei kostenpflichtigen (also vertraglichen) Parkplätzen kommt es sogar zur Vertragshaftung.

Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160805_OGH0002_0020OB00113_16F0000_000/JJT_20160805_OGH0002_0020OB00113_16F0000_000.html


HAFTPFLICHTVERSICHERUNG FÜR WEGEHALTER: NEUE BROSCHÜRE ERHÄLTLICH

Für die Tourismusabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung habe ich an einer neuen Broschüre zur sog. „Freizeitpolizze“ mitgewirkt, die im Sommer dieses Jahres der Presse vorgestellt wurde. Die "Freizeit-Polizze" des Landes schließt das Haftungsrisiko für Wegehalter praktisch aus und kann von Grundstückseigentümern sowie Tourismus(regional)verbänden, Gemeinden und Vereinen, welche Wege für touristische Zwecke wie etwa das Mountainbiken, Wandern oder Rad fahren freigeben, kostenlos und unbürokratisch in Anspruch genommen werden.

Hier gehts zum Download der Broschüre:
http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/11681142_74838265/d779186b/Endfassung%20Infobrosch%C3%BCre%20Freizeit%20Polizze.pdf


HANDBUCH SPORTTOURISMUS

Im utb-Verlag ist heuer das „Handbuch Sporttourismus“ von Jürgen Schwark erschienen. Prof. Dr. habil. Jürgen Schwark lehrt Tourismus mit Schwerpunkt Sporttourismus an der Westfälischen Hochschule in Bocholt.

Obwohl es weder ein juristisches noch ein österreichisches Buch ist, beleuchtet es doch auch für uns einige interessante freizeitrechtliche Themen: z.B. „Sightjogging“ ( S. 204 f.), Irreführungen durch den ungeschützten Begriff „Sporthotel“ (S. 226) und Kletterregionen in Tirol (S 239 f.)

Interessant ist auch die im Buch (S. 264 ff.) aufgezeigte Differenzierung bei Erlebnis- und Abenteuerreisen in vier Bereiche (Softbereich, Individualbereich, leichter Extrembereich und Grenzerfahrungsbereich).

Bestellmöglichkeit für die Print-Ausgabe sowie für den Online-Zugang hier:
http://www.utb-shop.de/sporttourismus-8101.html


DROHT EINE EINSCHRÄNKUNG DER WEGEFREIHEIT IM WALD DURCH EINE FORSTGESETZNOVELLE?

Im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft könnte derzeit an einer Novelle zum Forstgesetz „gebastelt“ werden.

Gedacht ist an eine Anhebung der Untergrenze für das Vorliegen der Waldeigenschaft von 1.000 Quadratmeter auf 5.000 Quadratmeter. Somit gäbe es für kleinere Wälder kein Betretungsrecht mehr. Zäune müssten dann dort nicht mehr als Sperren bewilligt werden. Nach Fällungen gäbe es keine Wiederbewaldungspflicht.

Der Zeitplan sieht die Vorlage im Ministerrat noch für Oktober 2016, eine parlamentarische Behandlung im November oder Dezember 2016 und ein Inkrafttreten der Novelle mit Jänner 2017 vor.

Hier besteht die Möglichkeit, sich die geplanten Reformen in einer pdf-Datei (Stand: 1. Juli 2016) anzusehen:
https://www.bmlfuw.gv.at/service/presse/umwelt/2016/160701Entbuerokratisierung.html

Ansprechperson im Ministerium ist der Leiter des Zentralen Rechtsdienstes, Dr. Franz Jäger:
https://www.bmlfuw.gv.at/ministerium/aufgaben-struktur/rechtsdienst1/rechtsdienst.html

Die nächste Sitzung des parlamentarischen Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft wird am 6. Dezember 2016 sein, wobei die Tagesordnung derzeit noch nicht feststeht:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A-LF/A-LF_00001_00371/index.shtml#tab-Sitzungsueberblick

Informationen dazu gibt es auch bei den Naturfreunden Österreich (Stand: 17. Oktober 2016):
http://www.naturfreunde.at/berichte/presseinformationen/presseinformationen/freies-wegerecht-erneut-in-gefahr/

Mein Fazit: Personen und Einrichtungen, denen die Wegefreiheit im Wald ein Anliegen ist, sollten diesen Reformprozess aufmerksam begleiten!

Wir sehen uns (vielleicht einmal wo im Wald)
Euer
Wolfgang Stock

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