Freizeitrecht-Newsletter Nr. 68, 09/2020

Freizeitrecht-Newsletter Nr. 68, 09/2020

Büro für Freizeitrecht
Wolfgang Stock

Newsletter-Inhalt

1.   Die neuen Gründe zum Rausgehen bei Ausgangssperre

2.   OGH zur notwendigen Genauigkeit von Piktogrammen

3.   Artikel zur Wegehalterhaftung

4.   OGH zur Haftung einer Liftgesellschaft bei einem Tarifverbund

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Die neuen Gründe zum Rausgehen bei Ausgangssperre

 

Seit 26. September 2020 gilt § 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes (BGBl I 2020/12, zuletzt geändert durch BGBl I 2020/104). Die elementaren Absätze 1 bis 4 haben folgenden Wortlaut:

(1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen.

(3) Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.

(4) Öffentliche Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten oder befahren werden können.

 

Das neue COVID-19-MG ist somit ein Ermächtigungsgesetz, das den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister ermächtigt, Verordnungen zu erlassen. Verordnungen nach COVID-19-MG können aber auch vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn es keine Bundes-Verordnung gibt oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Bundes-Verordnung festgelegt werden. Dasselbe gilt für Verordnungen durch die Bezirksverwaltungsbehörden. Sie sind dann zuständig, wenn es keine Bundes- oder Landesverordnung gibt oder zusätzliche Maßnahmen festgelegt werden.

 

In all diesen Verordnungen kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden. Die Übersichtlichkeit über die Rechtslage wird dadurch freilich leiden.

 

Die für den Alltag bedeutsamste Ermächtigung ist die zu einer Ausgangssperre (§ 5 COVID-19-MG):

•          Sofern es zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich ist, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern, und Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4 nicht ausreichen, kann durch Verordnung angeordnet werden, dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist.

•          Zwecke, zu denen ein Verlassen des privaten Wohnbereichs jedenfalls zulässig ist, sind:

1.       Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2.       Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,

3.       Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens,

4.       berufliche Zwecke, sofern dies erforderlich ist, und

5.       Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.

 

Stets aktuell informiert sind Sie hier:

https://bit.ly/2EBHCvF

 

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OGH zur notwendigen Genauigkeit von Piktogrammen

 

Gefahrenkennzeichnungen bei Erlebnisstationen, auf Wanderwegen und in der freien Natur erfolgen zunehmend mit Hilfe von Piktogrammen. In seiner Entscheidung vom 29.06.2020, 8 Ob 35/20k, wies der OGH die Revision eines Klägers zurück, der ein Piktogramm einer Stehleiter als nicht allgemein verständlich monierte, weil dort nur eine normale Stehleiter und keine Stehleiter mit Podest, wie der Kläger sie erworben habe, abgebildet sei. Der OGH dazu klipp und klar: Der Kläger verkennt das Wesen von Piktogrammen, die Informationen durch vereinfachte grafische Darstellung vermitteln. Dass die stilisierte Stehleiter im Piktogramm kein Podest aufweist, schadet daher nicht.

 

Der OGH hält somit die Anforderungen an die Genauigkeit von Piktogrammen niedrig.

 

(Aber Vorsicht: Die Anbringungsstelle muss klar sein. In der Entscheidung vom 21.09.2018, 3 Ob 151/18d, blieb nämlich ungeklärt, wo genau ein Warnschild mit einem Piktogramm, das auf eine Sturzgefahr hinwies, angebracht war. Bei einer vertraglichen Nutzung geht wegen der Behauptungs- und Beweislast des Vertragspartners dafür, alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben, eine solche Negativfeststellung zu Lasten des Beklagten.)

 

Hier die aktuelle Entscheidung im Volltext:

https://bit.ly/30eJIt1
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Artikel zur Wegehalterhaftung

 

In einem Artikel für die Zeitschrift „Natur.Raum.Management, Fachmagazin für Naturraummanagerinnen und -manager" (Nr. 45, 03/2020, Seite 8 f) habe ich beschrieben, welche Wegehalter ergreifen müssen. Auch beantworte ich die Frage, ob es günstig wäre, wenn man den Non-Profit-Wegehaltern eine gesetzliche Haftungserleichterung zugestehen würde oder ihnen die Last der Haftung überhaupt nehmen sollte.

 

Gleich reinlesen:

https://bit.ly/30cciv8

 

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OGH zur Haftung einer Liftgesellschaft bei einem Tarifverbund

 

In der Entscheidung vom 05.06.2020, 4 Ob 66/20i, entschied der OGH, dass bei einem Tarifverbund zusammen der handelnde Unternehmer, bei dem ein Ticket gekauft wird, entweder nur im eigenen Namen kontrahieren oder aber auch als Vertreter für die anderen Verbundunternehmen auftreten kann. Im zweiten Fall muss das Vertretungsverhältnis bei Erwerb der Liftkarte eindeutig offengelegt werden; dann entsteht ein aufgespaltenes Vertragsverhältnis mit mehreren Vertragspartnern und unterschiedlichen Pflichtenkreisen.

 

Der Sachverhalt: Der Kläger kaufte in der Talstation der beklagten Liftgesellschaft einen Skipass, der ihn zur Benützung der Liftanlagen eins berechtigte. Zu diesem Verbund gehören acht selbständige Gesellschaften, die in den Beförderungsbedingungen aufgezählt sind. Die vom Kläger erworbene Liftkarte verwies auf diese Bedingungen. Zudem fand sich auf der Liftkarte der Hinweis „Vertragspartner sind die rechtlich selbständigen Seilbahnunternehmen." In den Beförderungsbedingungen wird ausgeführt, dass der konkrete Beförderungsvertrag jeweils nur mit jener Liftgesellschaft zustande kommt, deren Anlagen sowie Skipisten der Gast gerade benützt, sowie dass die Haftung gegenüber den Fahrgästen ausschließlich jenes Liftunternehmen trifft, in dessen Skigebiet sich der Vorfall ereignet. Die Skipiste am Unfallort fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der hier beklagten Liftgesellschaft.

 

Die Entscheidung des OGH: Der Kläger war schon beim Vertragsabschluss darauf hingewiesen worden, dass die angebotenen Leistungen von mehreren selbständigen Unternehmen erbracht werden und eine direkte Vertragsbeziehung zum handelnden Unternehmen nur für dessen eigene Anlagen zustande kommt, während er für die anderen Verbundunternehmen lediglich als Vertreter handelt. Der Kläger wusste damit, dass kein einheitliches Vertragsverhältnis besteht, sondern dieses auf mehrere konkret genannte Gesellschaften als Vertragspartner aufgespalten war.

 

Fazit: Wer in einem Verbund nicht für die (Fehl-)Leistungen anderer Partner haften will, soll unbedingt den Hinweis „Vertragspartner sind die rechtlich selbständigen Partnerunternehmen." in die eigenen Nutzungs- bzw. Beförderungsbedingungen aufnehmen!

 

Hier die Entscheidung im Volltext:

https://bit.ly/3jbKgYi
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Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock
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Dr. Wolfgang Stock, Am Sonnenhang 35, 8072 Fernitz-Mellach


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